Gewerkschaft sieht wegen Umbaus im Carlsberg-Mutterkonzern Tarifbindung in Gefahr. Deutschlandchef widerspricht.

Hamburg. Der Hamburger Holsten-Brauerei und dem Mutterkonzern Carlsberg Deutschland stehen in den kommenden Tagen Warnstreiks und eine heftige Tarifauseinandersetzung mit der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) bevor. Hintergrund sind umfangreiche Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens und die damit verbundene Sorge um Tarifbindung, Löhne und Gehälter.

Zum 1. September dieses Jahres hat Carlsberg die traditionsreiche, 1879 gegründete Holsten Brauerei AG aufgelöst und 133 Mitarbeiter von dort in die Carlsberg Deutschland Markengesellschaft (CDM) wechseln lassen. Diese war bisher ausschließlich für die Bereiche Marketing und Vertrieb verantwortlich. In der CDM sind auch 90 Mitarbeiter der Mecklenburgischen Brauerei Lübz GmbH gelandet, die bislang für den Betrieb der zweiten Braustätte in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich war.

Das Konstrukt ist laut Carlsberg eine Übergangslösung, in der die Beschäftigten der Braustätten quasi „zwischengeparkt“ werden. Bis zum Frühjahr des kommenden Jahres will Deutschlandchef Frank Maßen die Organisation in der Bundesrepublik an die Strukturen des dänischen Gesamtkonzerns anpassen. Diese sehen für den Einkaufs- und Produktionsbereich den Aufbau einer standortübergreifenden Carlsberg Supply Company vor. Daneben wird es weiterhin eine Marketing- und Vertriebsgesellschaft, sowie einen Logistikbereich geben. Mit dem Umbau sollen die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet und europaweit besser aufeinander abgestimmt werden.

Die Gewerkschaft argwöhnt hingegen, dass mit den neuen Konstruktionen die bestehenden Arbeitnehmerrechte und Gehaltsstrukturen ausgehebelt werden sollen. Da die CDM im Gegensatz zu den alten Brauerei-Gesellschaften nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist, gilt dort laut Gewerkschaft auch nicht die Tarifbindung. „Entgelte und Tariferhöhungen sind damit in Gefahr“, sagt der Vorsitzende des NGG-Landesbezirks Nord, Herbert Grimberg, dem Abendblatt.

Hinzu kommt aus Sicht der Gewerkschaft, dass der norddeutsche Brauereiverband durch den Wegfall zweier seiner wichtigsten Mitglieder drastisch an Bedeutung verliert. Als großer Partner auf Arbeitgeberseite stehe für im November beginnende Lohnverhandlungen praktisch nur noch die Flensburger Brauerei zur Verfügung. „Carlsberg betätigt sich hier praktisch als Totengräber des Flächentarifs im Norden“, sagt Grimberg. Weil die Gewerkschaft nicht bereit ist, diesen Zustand zu akzeptieren, steht dem Braukonzern nun ein Arbeitskampf ins Haus. „Wir bereiten für die kommenden Tage einen Warnstreik vor“, erklärte der NGG-Bezirkschef.

Bei Carlsberg kann man den Protest der Gewerkschaft hingegen nicht nachvollziehen. „Von einer fehlenden Tarifbindung kann keine Rede sein“, sagt Deutschlandchef Maßen. Carlsberg habe den betroffenen Mitarbeitern, die in die CDM gewechselt seien, vielmehr einen befristeten Anerkennungstarifvertrag angeboten. In diesem will das Unternehmen für die Übergangszeit alle Leistungen der bisherigen Vereinbarungen, vom Entgelt-Tarifvertrag, über den Manteltarifvertrag, Vermögenswirksame Leistungen bis hin zur Altersvorsorge übernehmen.

Diese Übergangsregelung soll automatisch enden, wenn die Mitarbeiter von der CDM in die neue Carlsberg Supply Company wechseln. Die neue Einheit wird laut Maßen dann auch wieder die Aufnahme im Arbeitgeberverband beantragen. „Insofern haben wir eigentlich alle Forderungen der Gewerkschaft erfüllt.“

NGG-Bezirkschef Grimberg sieht das allerdings anders. Zum einen ist aus seiner Sicht unklar, was mit all jenen Beschäftigten geschieht, die nicht zum Produktionsbereich gehören. Zum anderen sei offen, ob in der Zwischenzeit ausgehandelte Tariferhöhungen auch nachträglich den Carlsberg-Mitarbeitern zugutekämen.

Die Lage im Unternehmen ist auch deshalb angespannt, weil Maßen erst vor wenigen Wochen die Suche nach einem neuen Standort für die Holsten-Brauerei angekündigt hatte. Carlsberg will die Braustätte innerhalb Hamburgs verlagern, da das bisherige Grundstück in Altona für die Bedürfnisse des Unternehmens zu groß geworden ist. Wie viele andere Brauereien auch hat der Konzern mit einem langfristig rückläufigen Biermarkt in Deutschland zu kämpfen. Nun soll an anderer Stelle eine komplett neue, effektivere Brauerei mit kürzeren Wegen und moderner Technik entstehen. Welche Auswirkungen dies auf die Arbeitsplätze im Produktionsbereich hat, ist noch unklar.

Laut NGG-Bezirkschef Grimberg soll Deutschlandchef Maßen während der Tarifgespräche damit gedroht haben, dass der Widerstand der Gewerkschaft gegen die neue Organisationsstruktur den Bau der neuen Brauerei und sogar den Standort Hamburg gänzlich infrage stellen könnten.

Gegenüber dem Abendblatt bestritt Maßen diese Darstellung allerdings. „Der Standort Hamburg steht derzeit nicht zur Debatte“, sagte er. „Wir sollten jetzt allerdings alles dafür tun, dass wir die notwendigen Investitionen, die für die neue Brauerei erforderlich sind, auch wirklich bekommen.“ Dafür sei es erforderlich, dass alle Beteiligten an einem Strang zögen.