München. Das schwer kriselnde Wüstenstrom-Projekt Desertec steht Insidern zufolge vor dem Aus. Wenn sich die Gesellschafter der umstrittenen Desertec Industrial Initiative (DII) nächste Woche in Rom treffen, dürften sie die Totenglocke für die erst fünf Jahre alte Unternehmung läuten, heißt es aus Industriekreisen. Die DII wollte dies nicht kommentieren.

Mit dem vor fünf Jahren unter enormem Aufsehen gestarteten Wüstenstrom-Projekt Desertec sollte Sonnen- und Windkraft in Nordafrika und im Nahen Osten (MENA) produziert und zum Teil auch nach Europa exportiert werden. Zuletzt verlor das Projekt allerdings durch Austritte von DII-Gesellschaftern zunehmend an Rückhalt. Neben dem Elektrokonzern Siemens kehrten auch der Energieriese E.on und der Dienstleistungs- und Baukonzern Bilfinger der DII den Rücken. Erst kürzlich wurde zudem bekannt, dass DII-Chef Paul van Son die Initiative zum Jahresende verlässt und zum Energiekonzern RWE wechselt, ein Nachfolger ist bisher nicht benannt.

Die DII selbst sieht dennoch ihren Verdienst darin, Wegbereiter für erneuerbare Energien in der MENA-Region zu sein. Mittlerweile gebe es dort insgesamt 68 Projekte mit einer Gesamtleistung von vier Gigawatt, die teils auch bereits in Betrieb seien, sagte der DII-Sprecher.

Die Verträge mit den Gesellschaftern laufen zum Jahresende aus. Nur eine rasche und verbindliche Zusage für einen neuen Etat von rund zwei Millionen Euro könne das Überleben der Initiative sichern, doch sei die nicht in Sicht. „Die Wahrscheinlichkeit wächst mit jedem Tag, dass wir die Gesellschaft zum Jahresende in ihrer heutigen Form abwickeln müssen“, sagte ein Insider. „Es gibt bislang keine finanzielle Basis für ihre Fortführung.“