Frankfurt/Hamburg. Bahnreisende in Hamburg und Schleswig-Holstein müssen sich noch bis Mittwochvormittag auf Zugausfälle und große Verspätungen einstellen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) will bis um 6 Uhr den Zugverkehr in ganz Deutschland für insgesamt neun Stunden lahmlegen.
Die Bahn rechnet in ganz Deutschland mit massiven Beeinträchtigungen und einer weitgehenden Lahmlegung des regulären Bahnverkehrs. Mit Betriebsbeginn ab 4.30 Uhr sollten sowohl die S-Bahnen, als auch alle Regional- und Fernverbindungen im Norden von dem Ausstand erheblich betroffen sein.
„Wir erwarten sehr schwere Folgen für den Hamburg und die norddeutsche Umgebung“, sagte ein Bahnsprecher dem Abendblatt. “Es ist nicht abzusehen, welche Quote von regulär fahrenden Zügen angesichts des Streiks noch einzuhalten ist.“ Pendler hatten sich zuvor auf ausgefallene Züge eingestellt und etwa Sammeltaxis bestellt.
Zugausfälle am Dienstagabend
Die Lokführer stellten am Dienstagabend wie vorher angekündigt um 21 Uhr ihren Betrieb ein und versammelten sich mit Vertretern der Gewerkschaft vor dem Hamburger Hauptbahnhof zu einer Demonstration.
Der Streik führte in Hamburg und Schleswig-Holstein am Dienstagabend zunächst zu Zugausfällen im Bereich des Nah- und Regionalverkehrs. Die S-Bahn in Hamburg sei „erheblich betroffen“, sagte ein Sprecher der Bahn am Abend. Auf der S1 zwischen Poppenbüttel und Wedel verkehre aber noch mehr als die Hälfte der geplanten Züge, da sich nicht alle Lokführer an dem Streik beteiligten.
Die Regionalverbindungen vom Hauptbahnhof nach Lübeck, Bad Oldesloe, Ahrensburg fielen direkt nach Streikbeginn komplett aus. Laut einem Bahnsprecher fuhren am Kieler Hauptbahnhof nur die Hälfte aller Züge planmäßig.
Der Fernverkehr in Hamburg war verhältnismäßig schwach von dem Streik betroffen. So fielen bis 22.30 Uhr nur vereinzelte Verbindungen aus, etwa nach Frankfurt und Leipzig.
Auch Zugbegleiter streiken
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) warf der Bahn unmittelbar vor Beginn des Streiks vor, im laufenden Tarifkonflikt unannehmbare Vorbedingungen zu stellen. Auf dem Berliner Hauptbahnhof sagte GDL-Chef Claus Weselsky, die Gewerkschaft werde über weitere Streiks entscheiden, wenn die Bahn ihre Blockadehaltung nicht aufgebe. Er gehe aber davon aus, dass der überwiegende Teil der Reisenden in den nächsten Stunden die Bahn meide, weil die Gewerkschaft am Morgen auf den Streik hingewiesen habe.
Neben Lokführern wollten auch Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten bis 6 Uhr früh ihre Arbeit niederlegen. Es wird nach den bisherigen Planungen auch am Morgen keinen Ersatzverkehr im Bereich der S-Bahn geben. Die Deutsche Bahn rechnet laut der Sprecherin damit, dass der öffentliche Nahverkehr durch die regulär verkehrenden U-Bahnen gewährleistet bleibt. Außerdem könne mithilfe jener Lokführer, die sich nicht am Streik beteiligen, zumindest ein ausgedünnter Fahrplan auf den S-Bahn-Linien eingehalten werden.
Die Betreiber der Regionalbahn Metronom wollten die Folgen des Streiks für die Fahrgäste im Norden zwischen Hamburg und Stade abmildern. Ab 20:10 hieAlten die Metronom-Züge auch an den S-Bahn-Stationen Neugraben, Fischbek und Neu Wulmstorf.
„Die Fahrgäste dürfen nicht die Leidtragenden dieses Arbeitskampfes sein. Daher haben wir uns entschieden, für diese Zeit zusätzlich an den S-Bahnstationen zu halten und alle Fahrgäste mitzunehmen“, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens. Die Sonderregelung gelte solange, bis die S-Bahn am Mittwochmorgen wieder planmäßig verkehre.
Ist Ihr Zug pünktlich?
Die Lokführer fordern fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Verhandlungen darüber scheiterten jedoch daran, dass die GDL auch für das übrige Personal im Zug verhandeln will, etwa für Zugbegleiter und Speisewagen-Mitarbeiter. Die Bahn lehnt das ab. Die GDL rivalisiert dabei mit der größeren der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). In der vergangenen Woche war nach den bisherigen Warnstreiks eine Urabstimmung über reguläre Streiks zu Ende gegangen. 91 Prozent stimmten für den Arbeitskampf.
Die Bahn nannte die Streikandrohung schon im Vorfeld völlig überflüssig. Personalvorstand Ulrich Weber wies den Vorwurf zurück, die Bahn verweigere Verhandlungen und treibe die Gewerkschaft in den Konflikt. „Der GDL-Führung geht es aber darum, das Terrain von Konkurrenzgewerkschaften erobern zu wollen. Dafür nimmt sie Schaden für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen in Kauf.“
Die Deutsche Bahn stellt sich mit Hunderten Servicekräften auf die erwarteten Verzögerungen in den Bahnhöfen ein. „An den Infoschaltern werden zusätzliche Mitarbeiter die Fahrgäste über den weiteren Verlauf informieren“, sagte eine DB-Sprecherin. Die Bahn gehe davon aus, dass besonders Pendler am Mittwochmorgen und auch noch nach dem Ende des Streiks mit Verspätungen rechnen müssen. Ihren Kunden empfahl die S-Bahn auf ihrer Internetseite, sich vorab über alternative U-Bahn- und Busverbindungen zu informieren.
Metronom fährt und erkennt alle DB-Fahrkarten an
Weder Nord-Ostsee-Bahn noch die private Eisenbahngesellschaft Metronom sind von dem Arbeitskampf betroffen und fahren daher nach Plan.
„Die Metronom-Züge werden wie gewohnt zwischen Cuxhaven, Hamburg, Bremen, Hannover und Göttingen verkehren und die rund 100.000 Fahrgäste täglich sicher und zuverlässig ans Ziel bringen“, teilte das Unternehmen am Dienstagmorgen mit.
Um Fahrgästen, die von diesem Arbeitskampf betroffen sind, eine alternative Möglichkeit zu bieten, erkennt Metronom alle Fernverkehrsfahrkarten der jeweiligen Strecke an.
„Aus unserer Sicht muss während des Arbeitskampfes niemand auf das Auto umsteigen und wertvolle Zeit im Stau verlieren. Unsere Doppelstockwagen bieten auch zusätzlichen Fahrgästen ausreichend Platz und – dank des Stundentakts auf allen Strecken – eine schnelle und komfortable Verbindung.“, erklärt Jens Dittrich, Leiter des Metronom-Kundenzentrums. Durch die Arbeitskampfmaßnahmen könne es aber bei Anschlussverbindungen von oder zu Zügen der Deutschen Bahn Verspätungen oder Verschiebungen geben. Dittrich bittet Reisende, ausreichend Zeit einzuplanen.
Fahrgäste, die Fragen zu ihrer Bahnreise mit dem Metronom haben, können sich werktags von 7.30 bis 18.30 telefonisch an das Metronom Kundenzentrum wenden: 0581/97 164-164. Darüber hinaus informiert die Metronom Eisenbahngesellschaft-rund um die Uhr über Facebook, Twitter und die Metronom-Homepage über aktuelle Fahrplanänderungen.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft