Blinkende Mützen, indische Tiefkühlkost, Wein in Plastikgläsern – Hamburger Reiseunternehmer investiert in neue Firmen

Hamburg. Es ist die letzte Szene an diesem Fernsehabend: Das Ehepaar Gottfried und Margot Blöchl präsentiert in der TV-Serie „Die Höhle der Löwen“ ihr Lebenswerk. Die beiden haben einen reflektierenden Gürtel erfunden, damit Rad-, Motorradfahrer oder Jogger nachts von anderen Verkehrsteilnehmern bemerkt werden. Das seit 48 Jahren verheiratete Ehepaar hofft, dass einer der „Löwen“ ihr Lebenswerk kauft. Fünf Investoren, darunter der Hamburger Reise- und Hotelunternehmer Vural Öger, beurteilen in der Sendung von VOX Geschäftsideen, die meist von Unternehmensgründern kommen. Wenn es sich für sie lohnt, beteiligen sie sich an den Firmen. Zum Preis von 40.000 Euro will das Ehepaar ihre Firma mit den Gobl-Gürteln verkaufen. Vier Investoren winken ab. Doch dann kommt Öger als letzter der fünf „Löwen“ an die Reihe. Er sagt: „Ihr Lebenswerk sollte gewürdigt werden.“

Der aus der Türkei stammende Öger erklärte sich bereit, die Firma mit Unterstützung eines weiteren Investors zu übernehmen. „Löwin“ Judith Williams, eine bekannte Shoppingqueen mit Verkaufssendungen im deutschen und internationalen Fernsehen, zieht ihre Absage zurück. Williams und Öger teilen sich den Betrag zur Hälfte. Margot Blöchl weint derweil vor Rührung und umarmt ihren schwer kranken Mann. „Ich fand die Idee interessant und wollte dem Ehepaar helfen, das sich wegen der Krankheit des Mannes in einer schwierigen Situation befand“, sagt Öger. Zudem erkennt er in der Geschäftsidee Potenzial. „Wir werden den Gürtel weiterhin produzieren. Man kann ihn in Tankstellen, Fahrradläden oder Sportgeschäften anbieten.

Inzwischen hat Öger fünf Unternehmen Investitionen zugesagt, die in der Sendung um Finanzierungshilfe warben. Darunter befindet sich auch die Buchholzer Firma Twinkle Kid. Inhaberin Antje Loesdau erfand einen reflektierenden Mützenbommel, der leuchtet, sobald er angestrahlt wird. Ähnlich wie bei den Gobl-Gürteln blinkt die Kopfbedeckung im Dunkeln. Zudem hat Öger dem Unternehmen Vepura grünes Licht für frisches Kapital gegeben. Die Kölner Gründer liefern tiefgekühlte indische vegetarische Speisen an deutsche Supermärkte. Eine weitere Firma in seinem Investitionsportfolio aus der Sendung „Le Petit Raisin“ vertreibt hochqualitativen Wein aus Plastikgläsern mit einem Fassungsvermögen von 0,1 Liter. „Die Gläser können zum Beispiel bei großen Events mitgenommen oder benutzt werden, wenn man beispielsweise bei einem Picknick ein wenig Wein trinken möchte“, sagt Öger. Leider ist in diesem Projekt die Kooperation noch nicht abgeschlossen, da es Probleme mit Lizenzrechten gab.

So haben nicht alle Investments, die er in den vergangenen Wochen getätigt hat, ihre Versprechen gehalten. „Einmal stellte es sich heraus, dass ein wichtiges Patent nicht dem Unternehmen gehörte“, kommentiert Öger. Aus diesem Grund hat er sich von diesem Unternehmen trennen müssen.

Dem 72-Jährigen macht die TV-Show trotzdem Spaß. „Ich finde die Idee interessant. Es gibt in Deutschland so viele Gründer mit guten Konzepten, die nur Geld von den Banken bekommen, wenn sie hohe Sicherheiten haben. In den USA geben die Banken hingegen weitaus öfter Gründern, die gute Ideen haben, über mehrere Jahre einen Kredit. Das wäre in Deutschland leider nicht möglich“, so Öger. Er hofft, dass die TV-Sendung ein wenig dazu beiträgt, den Markt für Risikokapital noch mehr zu öffnen. „Möglich wären staatliche Garantien für Gründer“, sagt er.

Öger kennt die Probleme, die junge Menschen haben, die sich mit einer Idee selbstständig machen wollen. Als 18-Jähriger kam er für das Ingenieursstudium an der TU Berlin nach Deutschland. Der junge türkische Student war damals Zuwanderer Nummer 31. Neben dem Studium jobbte er als Model, Dolmetscher und im studentischen Reisebüro der TU Berlin. Früh vom Reisen und vor allem vom Fliegen begeistert, entdeckte er eine Geschäftsnische: Es gab noch keine Direktflüge von Hamburg in die Türkei. So gründete er 1969 in Hamburg das Reisebüro Istanbul und charterte seine ersten Flugzeuge, mit denen er die vielen türkischen Zuwanderer in die Heimat flog. 1972 folgte die Firmengründung des Flugveranstalters Öger Türk Tur, der heute noch 19 Flughäfen in der Türkei anfliegt und somit im Markt als größter Spezialist für Türkei-Flüge bekannt wurde. 1982 kam der Reiseveranstalter Öger Tours dazu. 2010 verkaufte er Öger Tours an den britischen Reiseveranstalter Thomas Cook.

Seine anderen Firmen blieben Öger jedoch erhalten. Und es kam ein weiteres Unternehmen hinzu. In diesem Jahr gründete Öger die Firma V.Ö. Travel. Als „Jungunternehmer“ ist er wieder im Reisegeschäft aktiv. Im ersten halben Jahr konnte er rund 50.000 Reisen vermitteln. Aber nächstes Jahr soll die Anzahl der Reiseverträge verdreifacht werden. „Wir haben bereits 2500 Reisebüros für uns gewinnen können“, sagt er. Während sein jüngstes Projekt noch wachsen muss, ist seine Majesty-Hotelkette mit neun Vier- bis Fünf-Sterne-Häusern in der Türkei, die seine älteste Tochter Nina managt, längst profitabel. Die beiden anderen Kinder Erol Maximilian und Alia Sofie studieren noch. „Die wenigsten Leute wissen, dass es in der Türkei über fünfhundert Fünf-Sterne-Hotels gibt, in Italien und Spanien sind es unter vierhundert und in Griechenland dreihundert“, sagt Öger. 2013 kamen laut dem Unternehmer 32 Millionen Gäste in die Türkei. „In zehn Jahren könnten es 50 Millionen sein.“

Öger selbst will etwas dazu beitragen, dass es noch mehr werden – jedoch in einem anderen Kundensegment. Unter anderem plant er noch, luxuriösere Hotels zu bauen, etwa für Deutsche, die ihren Lebensabend in der Türkei verbringen wollen. „Wir wollen die Toskana-Flieger ansprechen“, sagt er. Zudem plant Öger, neue Ziele an der Ägäis und am Mittelmeer aufzubauen und eine weitere Edelmarke für Hotels zu gründen. Öger, der sich in seinem Unternehmen als Stratege sieht, will noch lange nicht aufhören. „Durch ständige Action bleibe ich jung.“