Maßnahmen des Masterplans 2020 greifen. Zahl der Lehrverträge steigt um vier Prozent. Gewerbehof kommt voran

Hamburg. Autos hat Lisa-Marie Kortmann schon immer gern repariert. Der Schmutz und der manchmal etwas raue Umgangston in der Werkstatt machen der 20-Jährigen Rahlstedterin nichts aus. Daher hat die junge Frau nach der Hauptschule und zahlreichen Praktika Anfang August eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin bei Auto Wichert in Hamburg begonnen. „Das ist mein Traumjob“, sagt sie.

So wie Lisa-Marie Kortmann entscheiden sich derzeit immer mehr Schulabgänger für eine Lehre im Hamburger Handwerk. Während die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf Bundesebene um drei Prozent zurückging, stieg deren Zahl in der Hansestadt im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent auf 2106 an. Stichtag für die Zählung war Ende August.

„Diese positive Entwicklung zeigt, dass die zahlreichen Maßnahmen greifen, die wir zusammen mit der Stadt zur Fachkräftesicherung eingeleitet haben“, sagt Hamburgs Handwerkskammer-Präsident Josef Katzer. Gemeint sind damit vor allem Projekte aus dem Masterplan Handwerk 2020, den Senat und Kammer zum ersten Mal im Jahr 2011 vereinbarten.

Am Dienstag verständigten sich Katzer, Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) auf die Fortführung des Programms für ein weiteres Jahr. „Handwerk und Mittelstand sind das Rückgrat der Hamburger Wirtschaft“, erklärte Scholz. Um diesen Bereich zu stärken, müsse man möglichst früh, nämlich schon bei der Berufsorientierung in den Schulen ansetzen.

Fortgesetzt wird unter anderem das Projekt Perspektive Handwerk, in dem bislang 354 Jugendliche bei der Berufswahl beraten wurden. 67 von ihnen konnte ein Praktikum und 120 eine Ausbildung im Handwerk vermittelt werden. Zwei auslaufende Maßnahmen, die sich speziell um die Förderung von Zuwanderern und ungelernten, jungen Erwachsenen kümmerten, werden durch ein neues Projekt mit dem Namen Mission Zukunft ersetzt. Es wird im Gegensatz zu den vorangegangenen Maßnahmen vor allem aus Bundesmitteln finanziert. Zudem sollen verstärkt Studienabbrecher für eine Lehre in Handwerksbetrieben gewonnen werden. Diese Gruppe wurde bislang nicht systematisch angesprochen.

Trotz dieser Maßnahmen und erster Erfolge wird die Suche nach Auszubildenden angesichts des demografischen Wandels allerdings eine große Herausforderung bleiben. Derzeit sind im Hamburger Handwerk noch immer rund 150 Lehrstellen für das laufende Ausbildungsjahr unbesetzt. Vor allem Gebäudereiniger, Maler und Bäcker hätten Schwierigkeiten, Azubis zu finden, sagte Kammerpräsident Katzer.

Neben der Fachkräftesicherung wollen sich Kammer und Senat auch um mehr bezahlbare Gewerbeflächen für die Handwerksbetriebe in der Stadt kümmern. Größtes Projekt in diesem Bereich ist ein seit Jahren geplanter, mehrstöckiger Gewerbehof. Dieser soll in der Nähe der Automeile Nedderfeld am Offakamp entstehen.

In wenigen Wochen wollen die Planer nun einen Architektenentwurf für das neue Gebäude vorlegen, das sich am Vorbild eines Gewerbehofs in München-Laim orientiert. Dort arbeiten derzeit auf 11.000 Quadratmetern Fläche gut 50 Handwerker wie beispielsweise Tischler, Mechaniker oder Glaser unter einem Dach. Dieselben Architekten, die den Bau in der bayrischen Landeshauptstadt konzipierten, wurden mit einer Machbarkeitsstudie für Hamburg beauftragt. Nach der Vorstellung der konkreten Pläne in diesem Herbst werde man mit der Suche nach potenziellen Mietern für den Standort beginnen, kündigte Katzer an. Der Baubeginn hänge davon ab, wie schnell man bei der Suche vorankomme.

Bauherr und Betreiber des neuen Gewerbehofs wird die städtische Sprinkenhof AG, die auch die nicht unerheblichen Investitionen für das ehrgeizige Projekt aufbringen muss. Diese dürften bei mindestens 20 Millionen Euro liegen – so viel kostete das vergleichbare Projekt in München. Allerdings könnte der Bau auch deutlich teurer werden, da in Hamburg eine Reihe von Besonderheiten wie mehr Tiefgaragenstellplätze vorgesehen sind.

Um Handwerkern schon jetzt die Suche nach passenden Gewerbeflächen zu erleichtern, wurde im Masterplan auch die Einrichtung einer Online-Datenbank vereinbart, in der Grundstücke und Immobilien, die sich für kleine und mittlere Betriebe eignen, verzeichnet werden. Zudem will der Senat mit der Einrichtung von Modellquartieren dafür sorgen, dass Wohnen und Arbeiten besser miteinander verbunden und Handwerksbetriebe nicht schleichend aus Wohngebieten vertrieben werden.

Konkret verweist der Masterplan hier auf das Projekt Kolbenhof in Altona, wo sich auf dem Gelände einer ehemaligen Rüstungsfirma zahlreiche Werkstätten angesiedelt haben. Nach einem harten Kampf der Handwerker für ein Bleiberecht soll hier nun eine Mischung von Gewerbe und Wohnungen entstehen.