Bundesbehörde nennt Konzentration der großen Lebensmittelhändler besorgniserregend

Bonn. Das Bundeskartellamt ist besorgt über die zunehmende Konzentration des deutschen Lebensmitteleinzelhandels. Allein Marktführer Edeka sowie Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland vereinten inzwischen 85 Prozent des deutschen Lebensmittelabsatzes auf sich – und alle vier expandierten weiter, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Mittwoch bei der Vorstellung einer Branchenuntersuchung. Die Konzentration sei inzwischen „besorgniserregend“. Edeka widersprach: Die Kartellamtsstudie bilde die Realität in der Branche nicht ab.

Die Ketten können laut Kartellamt dank ihrer Marktmacht erhebliche Rabatte bei den Lebensmittelherstellern durchsetzen. Dies nütze nur auf den ersten Blick dem Verbraucher. Denn die Rabatte könnten – falls sie überhaupt an die Verbraucher weitergegeben würden – zu Qualitätseinbußen und einem Verdrängungseffekt bei den Herstellern führen. Fusionen unter Beteiligung der großen vier Ketten würden künftig „vertieft“ geprüft, kündigte Mundt an. Für die Studie hatte die Behörde Preise und Rabatte für 250 repräsentativ ausgewählte Artikel untersucht.

Edeka bemängelte, diese Zahl sei angesichts von rund 50.000 Artikeln im Lebensmitteleinzelhandel zu gering. Deshalb führten die Ergebnisse in die Irre. Außerdem habe die Behörde nur die Beschaffungsmärkte in den Blick genommen, also den Umgang der Händler mit ihren Lieferanten. Gleichzeitig befänden sich die Ketten aber untereinander im scharfen Wettbewerb. Dies sei nicht ausreichend gewürdigt worden.

Für die Untersuchung wurden 21 Handelsunternehmen und mehr als 200 Hersteller befragt. Bei einer Analyse von etwa 3000 konkreten Verhandlungen seien 65.000 Datensätze verarbeitet worden. Nach den Ergebnissen kaufen die Handelskonzerne, anders als häufig behauptet, ganz überwiegend ihre Produkte im Inland ein. Für diese Verhandlungen hätten die Einzelhändler „bereits jetzt einen gravierenden Vorsprung gegenüber ihren mittelständischen Konkurrenten und genießen strukturelle Vorteile, die sie in den Verhandlungen mit den Herstellern nutzen können“, sagte Mundt.

Dieser Verhandlungsmacht könnten selbst Hersteller bekannter Marken ausgesetzt sein, soweit es ihnen an Ausweichalternativen für ihre Produkte fehle. Mit ihren Eigenmarken übten die Händler zunehmend Druck auf die Einkaufskonditionen aus. Einwände der Konzerne gegen diese Vorwürfe seien laut Mundt nun auch empirisch widerlegt.