Elektrokonzern übernimmt für sechs Milliarden Euro US-Firma

München. Der Elektrokonzern Siemens treibt seinen Umbau mit zwei Milliarden-Deals voran: Für umgerechnet knapp sechs Milliarden Euro wollen die Münchner den US-Kompressorenhersteller Dresser-Rand übernehmen. Siemens ist sich mit dem Ausrüster für die Öl- und Gasindustrie aus Texas auch bereits einig geworden, teilte der DAX-Konzern mit. Damit hat sich Siemens-Chef Joe Kaeser gegen seinen Vorgänger Peter Löscher durchgesetzt, der als Verwaltungsratspräsident des Schweizer Sulzer-Konzerns ebenfalls Interesse an einer Übernahme von Dresser-Rand hatte. Zugleich will Siemens die jahrzehntelange Kooperation mit Bosch beim größten deutschen Haushaltsgerätehersteller BSH beenden.

Der Elektroriese mit seinen zuletzt rund 360.000 Mitarbeitern durchläuft derzeit den größten Umbau seit vielen Jahren und will sich unter Führung Kaesers künftig auf die Themen Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung konzentrieren.

Siemens will mit Dresser-Rand Angebot für Öl- und Gasindustrie ergänzen

Bosch übernimmt das Joint Venture BSH Bosch und Siemens Hausgeräte komplett und zahlt drei Milliarden Euro für den 50-prozentigen Siemens-Anteil, wie beide Unternehmen mitteilten. Vor Vollzug der Transaktion sollen zudem jeweils 250 Millionen Euro an Siemens und Bosch ausgeschüttet werden. Vereinbart wurde auch, dass BSH Hausgeräte unter der Marke Siemens langfristig weiterproduzieren und vertreiben darf.

Über den Ausstieg von Siemens bei dem 1967 entstandenen Gemeinschaftsunternehmen BSH wurde bereits seit Monaten spekuliert. Die Komplettübernahme durch Bosch soll nach Zustimmung der Kartellbehörden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 abgeschlossen werden.

Bosch-Chef Volkmar Denner wiederum erklärte, BSH passe von seiner strategischen Ausrichtung sehr gut zur Bosch-Gruppe. Der Konzern, der gleichzeitig einer der größten Autozulieferer weltweit ist, will sich mehr und mehr auf das „Internet der Dinge“ konzentrieren. Darunter versteht man Hausgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke, die technisch in der Lage sind, mit dem Internet zu kommunizieren und die mit Smartphones zu steuern sind.

Für das US-Unternehmen Dresser-Rand, das zuletzt etwa 8100 Mitarbeiter beschäftigte, bietet Siemens 83 Dollar je Aktie in bar, das entspreche einem Gesamtwert von insgesamt rund 7,6 Milliarden Dollar (rund 5,8 Milliarden Euro). Dresser-Rand habe seinen Aktionären einstimmig empfohlen, das Übernahmeangebot von Siemens anzunehmen. Die Münchner gehen davon aus, dass das Geschäft bis Sommer 2015 abgeschlossen ist.

Dresser-Rand ist ein US-Ausrüster für die Öl- und Gasindustrie. Das Unternehmen stellt Kompressoren, Dampf- und Gasturbinen sowie Motoren her. Dies ergänze das bestehende Siemens-Portfolio, insbesondere für die weltweite Öl- und Gasindustrie sowie für die dezentrale Energieerzeugung, erklärte Siemens-Chef Kaeser. „Beide Geschäfte zusammen schaffen einen Weltklasseanbieter für die wachsenden Öl- und Gasmärkte.“

Noch in der vergangenen Woche hatte sich ein mögliches Bietergefecht zwischen Siemens und Sulzer und der Führung von Kaeser und Löscher abgezeichnet. Laut „Financial Times“ wollte zuletzt auch der US-Konkurrent General Electric (GE) ins Rennen um Dresser-Rand einsteigen.

Erst vor drei Monaten hatte Siemens im Tauziehen um den französischen Alstom-Konzern gegen GE den Kürzeren gezogen. Die Übernahme von Dresser-Rand ist für die Münchner die größte seit dem überteuerten Kauf des US-Diagnostikanbieters Dade Behring vor sieben Jahren.