Gespräche dauern etwa 15 Minuten und bringen auch Banken mehr Sicherheit. Forderungen nach Schadenersatz sollen besser einklagbar werden.

Hamburg. Der Besuch in der Bankfiliale wird künftig etwas länger dauern. Ob Aktien, Anleihen, Investmentfonds oder Zertifikate ins Depot sollen - ohne Protokoll läuft vom 4. Januar an nichts mehr. Die Kunden müssen vom nächsten Jahr an ausführlich beraten werden - und der Inhalt der Gespräche protokolliert werden. Dies schreibt der Gesetzgeber vor. Es ist eine Konsequenz aus der Finanzkrise, während der sich viele Anleger falsch beraten fühlten und zum Teil hohe Verluste erlitten hatten.

Die Beratungsprotokolle stärken ab sofort die Position der Bankkunden, wenn es um Wertpapiergeschäfte geht. Eventuelle Schadenersatzansprüche sollen sich damit leichter durchsetzen lassen. Bislang sind die Kunden in der Regel in der Beweispflicht. "Das ist bisher keine leichte Aufgabe", sagt Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Wer nur einen Sparbrief abschließen oder sein Festgeld verlängern will, benötigt kein Beratungsprotokoll. Auch Direktbanken, die Aufträge von Kunden telefonisch oder per Computer entgegennehmen, müssen keine Protokolle erstellen. "Alle wesentlichen Punkte der Beratung müssen in dem Protokoll aufgeführt werden", sagt Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Das reicht vom Anlass der Beratung bis zu allen Produkten, die während des Gesprächs angesprochen werden, auch wenn diese dann nicht weiterverfolgt werden." (Siehe Kasten unten) Feck hält es für besonders wichtig, dass die Vorstellungen des Kunden genau festgehalten werden - also wie lange er sein Geld anlegen will, welche Rendite er erwartet und wie risikobereit er ist. "Anhand des empfohlenen Produkts kann man dann schon die Qualität der Beratung beurteilen", sagt Feck.

Die Banken haben sich seit Monaten auf die neuen Anforderungen vorbereitet. "Über entsprechende Computersysteme und Schulungen unserer Berater wird eine hohe und einheitliche Qualität der Beratungsprotokolle gewährleistet", sagt Ralf Palm von der Postbank. "Auch die Kunden können etwas für die Qualität der Beratung tun", sagt Feck. "Je genauer sie ihre Ziele formulieren, umso weniger können Berater Produkte empfehlen, die aus Vertriebssicht gerade verkauft werden sollen."

Auch bisher wurden bereits Beratungsdokumente erstellt, die Vermögensverhältnisse und Anlageziele erfragt und die Kunden in Risikogruppen eingeteilt. Diese Protokolle bekamen die Kunden jedoch nicht ausgehändigt und manche Kunden beklagen gerade bei fehlgeschlagenen Investments, dass sie von ihrer hohen Risikoklasse gar nichts wussten. "Ein Protokoll bietet beiden Seiten mehr Sicherheit und Transparenz, da das Gespräch schriftlich festgehalten wird und nicht nachträglich rekonstruiert werden muss", sagt die Sprecherin der Hamburger Sparkasse (Haspa), Stefanie von Carlsburg.

Das Beratungsprotokoll wird bei der Haspa im Schnitt fünf bis sechs Seiten lang sein und zehn bis 15 Minuten in Anspruch nehmen. Die Postbank will mit zwei Seiten auskommen. "Je mehr Produkte erworben werden, umso umfangreicher wird ein solches Protokoll werden", sagt Gunnar Meyer von der Commerzbank. Einen größeren Aufwand sieht die Deutsche Bank bei Kunden, die Anlagen erwerben wollen, die in einer Risikoklasse liegen, für die sie noch nicht eingestuft sind.

Umstritten ist, ob neben dem Berater auch der Kunde das Protokoll unterschreiben muss. Das Gesetz sieht das nicht ausdrücklich vor und Verbraucherschützer raten, es auch nicht zu tun. Die Banken wollen allerdings eine Unterschrift. "Der Kunde bestätigt dadurch den Erhalt des Beratungsprotokolls", sagt Postbank-Sprecher Ralf Palm. "Das bringt Rechtssicherheit für beide Seiten", begründet von Carlsburg den Wunsch der Haspa.

"Kunden müssen das Protokoll genau lesen und eventuell Korrekturen verlangen", sagt Feck. "Und es muss gut aufgehoben werden." Ob es sich bewährt, werde erst die Zukunft zeigen. "Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung, nur darf es nicht mit Informationen überfrachtet werden", sagt Feck.

Schwieriger wird es für Banken bei telefonischen Aufträgen. Denn hier hat der Kunde bis zu einer Woche nach Zugang des Protokolls ein Rücktrittsrecht, falls das Protokoll nicht richtig oder unvollständig ist. Einige Banken fürchten deshalb einen Missbrauch und wollen telefonische Aufträge nicht mehr ausführen. Falls die Kurse fallen, könnten Kunden das Protokoll anfechten und vom Geschäft zurücktreten. Dennoch wollen Haspa, Hamburger Volksbank, Deutsche Bank und Commerzbank an der unmittelbaren Ausführung telefonischer Order festhalten. "Wir halten das Risiko für begrenzt, da nur bei Mängeln im Protokoll das Geschäft angefochten werden kann", sagt Michael Lermer von der Deutschen Bank.

Bald werden auf die Banken weitere Pflichten hinzukommen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner will noch ein Produktinformationsblatt durchsetzen. Bisher bietet das nur die ING-DiBa an. "Das muss sich dringend ändern", sagt Aigner. "Der Kunde soll auf einen Blick Kosten, Rendite und Risiko des Anlageprodukts erkennen." Die Deutsche Bank will Investmentfonds und Zertifikate künftig mit sieben Symbolen kennzeichnen, aus denen sich auf einen Blick Konditionen, Risikoklasse, Kapitalrückzahlung, Anlageinstrument, Anlageklasse, Anlageregion und Fälligkeit ergeben.