Libyscher Konzern Deutsche Tamoil (HEM) verlegt Zentrale von Elmshorn an die Alster. 70 Mitarbeiter kommen mit

Hamburg. Carsten Pohl hat sich in den vergangenen Monaten viele Bürohäuser in Norddeutschland angesehen. Er prüfte Flächen in Elmshorn, wo das von ihm geführte Unternehmen Deutsche Tamoil seine Deutschland-Zentrale hat. Auch in der Nachbarstadt Pinneberg hat er sich umgesehen und in anderen Kommunen. Am Ende fand Pohl, der auch für die zu Tamoil gehörende Tankstellenkette HEM zuständig ist, sein Glück in Hamburg. An der Alster, im gleichen Gebäude, in dem der Zigarettenkonzern BAT residiert, hat Pohl nun Flächen angemietet. Im zweiten Quartal 2015 beginnt der Umzug der Tamoil-Zentrale nach Hamburg. 70 der knapp 100 Mitarbeiter kommen mit.

Nach dem Müslihersteller Kellogg, der noch in diesem Jahr seine Zentrale für Deutschland und Nordeuropa von Bremen nach Hamburg verlegen will, findet nun mit der Deutschen Tamoil ein libysches Unternehmen seinen neuen Deutschland-Sitz in der Hansestadt. Mit dem Umzug von Elmshorn nach Hamburg rückt HEM näher an die Hamburger Holborn-Raffinerie, die wie auch die Deutsche Tamoil der niederländischen Gesellschaft Oilinvest und damit dem libyschen Staat gehört. Oilinvest betreibt derzeit zwei Raffinerien in Europa und Hunderte Tankstellen in Italien, Deutschland, Schweiz, Niederlanden und Spanien.

„Wir sind in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Unsere knapp 400 Tankstellen unter der Marke HEM sind zunehmend in ganz Deutschland präsent, der Absatz steigt kontinuierlich und damit einhergehend wuchs in den letzten Jahren auch der Platzbedarf für die Unternehmenszentrale“, sagt Pohl. Nach dem Wachstum der vergangenen Jahre mussten demnach mehrere Abteilungen in Elmshorn wegen Platzmangels auf umliegende Gebäude ausgelagert werden. Man musste sogar manchmal eine Straße überqueren, um ins nächste Büro zu gelangen.

„Mit dem Umzug in das neue Gebäude werden alle Bereiche wieder unter einem Dach und auf einer Etage vereint.“ Die räumliche Nähe optimiere den internen Informationsaustausch und die Arbeitsabläufe, so der Manager. Pohl hat sich bewusst wegen der Nähe zum Bahnhof Dammtor für den Standort an der Alster entschieden. Denn viele Mitarbeiter werden künftig vermutlich aus Elmshorn mit der Bahn zum neuen Arbeitsplatz in der Hansestadt kommen.

Oilinvest, die Muttergesellschaft von Tamoil, hat die 1925 gegründete Firma Herrmann Eggert Kohlehandelsgesellschaft (HEM) Mitte der 1990er-Jahre übernommen. Nach dem Umbau vom Kohle- zum Mineralölanbieter kann sich das Unternehmen offenbar gut am Markt behaupten, zumal HEM meist einen Cent pro Liter Benzin günstiger ist als die Konkurrenz.

Der Gewinn nach Steuern legte im vergangenen Jahr um neun Prozent auf immerhin 10,7 Millionen Euro zu, die Umsatzerlöse konnte man mit 2,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr halten, obwohl die Benzinpreise 2012 signifikant höher waren als 2013. Wie schon in der Vergangenheit wird der Gewinn im laufenden Jahr wieder in den Ausbau und die Modernisierung investiert. Das Unternehmen will im profitablen deutschen Tankstellenmarkt weiterwachsen.

Mit der Deutschen Tamoil und den HEM-Tankstellen kommt nun erstmals seit Jahren wieder ein Mineralölunternehmen in die ehemalige Hauptstadt der Branche. Angefangen hat die Erosion mit der Verlagerung der BP-Deutschland-Zentrale nach Bochum, nachdem der Wettbewerber Aral den deutschen Teil des britisch-niederländischen Konzerns übernommen hatte. Andere Konzerne wie Shell, ConocoPhillips oder ExxonMobil blieben zwar in der Hansestadt. Doch durch Überkapazitäten in der weltweiten Raffinerielandschaft musste vor allem Shell Anlagen in Hamburg und Heide schließen. Bei der einst stolzen Branche schmolz die Zahl der Mitarbeiter stark.

Doch jetzt kann sich Hamburg mit Tamoil, HEM und Kellogg auf zwei Ansiedlungen freuen, die im August und im September angekündigt wurden. Die Stadt, die einige Unternehmenszentralen verloren hat, holt offenbar wieder auf. So kam die Costa-Reederei mit ihrer Zentrale und mehreren Dutzend Mitarbeitern von Neu-Isenburg in die Hansestadt. Von Lübeck nach Hamburg umgezogen ist jüngst auch das südkoreanische Windkraftunternehmen Dewind mit rund 60 Mitarbeitern.

Zwar sind das keine Großkonzerne wie Google, Unilever und Shell, die bereits in der Hansestadt ansässig sind. Doch es können aus kleinen auch große Anbieter werden. Zum Beispiel die Hamburger Firma Bigpoint, ein Entwickler von Onlinespielen. Im Jahr 2002 gegründet, hat sich die Firma mit rund 800 Mitarbeitern und mehr als 300 Millionen Spielern weltweit zu einem Schwergewichte der Branche entwickelt. Auch Carsten Pohl ist zuversichtlich, dass die Deutsche Tamoil am künftigen neuen Firmensitz weiterwachsen wird.