Amerikanisches Unternehmen eröffnet im Oktober Flagshipstore an den Großen Bleichen. Im laufenden Jahr wollen die Kalifornier weltweit mehr als 35.000 Wagen ausliefern

Hamburg. Als Tesla vor sechs Jahren zum ersten Mal seinen Elektrosportwagen in Hamburg vorstellte, drückte Darryl Siry, Vice-President des US-Konzerns, mit ehrgeizigen Zielen ordentlich aufs Gaspedal: Die Marke wolle bis Ende 2009 eigene „Tesla-Showrooms in Berlin, München und womöglich auch in Hamburg eröffnen“ und bis 2010 insgesamt 20.000 Stück pro Jahr fertigen. Diese Ziele erreichte die in Kalifornien in Nachbarschaft von Facebook und Google beheimatete Firma zwar nicht. Doch sie schaffte es anders als die großen Autokonzerne, begehrenswerte Elektrofahrzeuge zu bauen. „Wir können von Tesla sehr viel lernen,“ gab Ford-Managerin Barb Samardzich kürzlich zu. Und auch an den Finanzmärkten wird der Hersteller als ganz heißes Papier gehandelt: Neben Anteilsscheinen beispielsweise von Orange oder Facebook gehörten die Aktien des Autobauers 2013 zu den lohnendsten Investments an der Börse.

Jetzt investiert Tesla in Hamburg. Im Oktober eröffnen die Amerikaner einen Flagshipstore an den Großen Bleichen, zeitgleich mit Berlin. In der Hansestadt mieten sie 400 Quadratmeter in 1a-Lage, um ihre Autos an der Alster ins beste Licht zu rücken. „Auf zwei Etagen präsentieren wir hier das Fahrzeug, zeigen in einem aufgeschnittenen Modell die Batterie und den Antriebsstrang und bieten einen Konfigurator, mit dem sich Interessierte ihr Wunschauto zusammenstellen können“, kündigt Tesla-Deutschland-Chef Philipp Schroeder an.

In den Räumen, in denen bisher die Modemarke Golfino ihre Kunden begrüßte, werkeln derzeit noch die Ladenbauer. Für Aufsehen sorgt die Baustelle aber schon heute. Die Werbeagentur Thjnk, mit Büroräumen über dem Geschäft, hängte bereits ein riesiges Plakat mit einem Audi über das Schaufenster. „Audi und Thjnk begrüßen Tesla“, heißt es dort in großen Buchstaben, schließlich wirbt die Agentur für die Ingolstädter, die allerdings mit dem e-tron erst jetzt in die Elektromobilität starten und damit ihr Versprechen „Vorsprung durch Technik“ zumindest für umweltbewusste Fahrer recht spät einlösen.

Anders bei Tesla: Obwohl die Firma erst 2003 an den Start ging, gilt der Hersteller als einer der Vorreiter im Bereich der alltagstauglichen Elektroautos. Ihr Model S ist einer der ersten Wagen mit reinem Elektroantrieb, die eine größere Käuferschicht anziehen konnten. Die Limousine fährt bis zu 500 Kilometer mit einer Batterieladung und beschleunigt in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer in der Stunde. „Mit dem neuen Modell konnte Tesla fast über Nacht weltweit eine Marke im Oberklasse-Segment etablieren“, lobt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research an der Uni Duisburg-Essen. Das habe es in der Autowelt bisher nicht gegeben. Zum Vergleich: 2013 hat Tesla 22.477 Fahrzeuge des Typs Tesla S produziert und an Kunden ausgeliefert. Audi hat im selben Zeitraum 39.717 Audi A8 produziert, Porsche 24.789 Panamera und VW im gleichen Zeitraum 5.812 Phaeton.

Der Roadster, mit dem Tesla in Hamburg bereits Kunden wie Bäcker Thomas Effenberger oder Thomas Cotterell, Chef einer Kakaolagerei, gewonnen hat, ist bei dem Hersteller nicht mehr im Programm. Der sportliche Zweisitzer war auf 2500 Exemplare limitiert. „Jetzt wird Tesla erwachsen“, sagte Schroeder im Hinblick auf die Limousine, welche die Marke aus der Nische herausbringen soll.

Zugleich hat Tesla-Konzernchef Elon Musk angekündigt, eine gigantische Batteriefabrik mit 6.500 Mitarbeitern aus dem Boden zu stampfen. Durch die Massenproduktion sollen die Kosten der Akkus um mehr als 30 Prozent sinken. Damit die Elektroautos auch auf längeren Strecken in Europa nicht mit leeren Batterien liegen bleiben, plant Musk zudem den Ausbau des Netzes mit derzeit 56 Schnellladestationen.

Der 43-Jährige, der mit dem Bezahldienst Paypal zum Milliardär wurde, begnügt sich aber längst nicht mit Überlegungen rund um E-Autos (siehe rechts). So innovativ Tesla auch ist – gute Ideen kosten Geld. Hohe Entwicklungskosten für die nächsten Modelle und der Ausbau des Vertriebsnetzes halten den Hersteller weiter in den roten Zahlen. Im zweiten Quartal verdoppelte sich der Verlust im Jahresvergleich auf 62 Millionen Dollar (46 Millionen Euro), wie Tesla kürzlich mitteilte. Ebenfalls einen Dämpfer bekam die US-Firma, als Hacker die Elektronik des Autos manipulierten und so auf Sicherheitslücken aufmerksam machten. Chinesischen Studenten gelang dieser Coup, und das gerade in der Volksrepublik, in der Tesla wegen der abgasverseuchten Städte wie Schanghai oder Peking riesige Absatzchancen erwartet.

Dennoch verkaufte das Unternehmen seine Fahrzeuge erfolgreich, nahm im vergangenen Quartal 858 Millionen US-Dollar ein und übertraf damit die Erwartungen von Branchenexperten deutlich. Im Gesamtjahr will Tesla weiterhin mehr als 35.000 Wagen ausliefern. Den günstigeren Wagen Model 3, der einen kräftigen Absatzschub bringen soll, will Tesla bis 2017 auf den Markt bringen. Der nächste Tesla, den Deutschland-Chef Schroeder in Hamburg präsentieren wird, dürfte also noch eher etwas für den Massenmarkt sein als das Model S, das immerhin gut 60.000 Euro kostet.