Die Trenz AG rüstet Lotsen und andere Nautiker mit mobilen Datenbanken aus.

Hamburg. Ein Firmenschild ist nirgends zu sehen. Weder in der Empfangshalle noch in der Büroetage in dem Geschäftshaus am Sandtorkai 50. Allerdings sieht man aus dem Konferenzraum heraus die Elbphilharmonie, den neuen Traditionsschiffshafen – das Herz der HafenCity. „Hamburg ist für uns wegen seines sehr dichten und internationalen maritimen Netzwerks ein idealer Standort, um das System im In- und im Ausland bekannter zu machen“, sagt Stephan Piworus, General Manager Maritime beim Unternehmen Trenz AG. „Allein die Lage in der HafenCity bedeutet, dass wir in Fußnähe zu Dutzenden potenziellen Kunden, Kooperations- und Ansprechpartnern sitzen.“ Das „System“, das Piworus meint, heißt Pilot Information Assistant (PIA). Es ist eine mobile Datenbank für Nautiker, die auf einem Toughpad von Panasonic betrieben wird, einem robusten Tablet-Computer, der im alltäglichen Einsatz, etwa auf einem schwankenden Schiffsdeck, auch mal zu Boden fallen kann, ohne kaputtzugehen.

PIA könnte die Abläufe im Seeschiffsverkehr in den kommenden Jahren deutlich erleichtern. Denn die Lotsen und alle anderen, die das System nutzen, haben nun eine umfassende Datenbank in der Hand, die derzeit schon Informationen über 17.000 Schiffe enthält, zudem Seekarten und nautische Revierinformationen jeder Art. „In den vergangenen Jahren zeichnete sich ein enorm wachsender Bedarf für ein kompaktes, hochleistungsfähiges Mobilsystem ab, mit dem die maritime Wirtschaft ihren Datenaustausch verbessern kann“, sagt Piworus.

„Vereinfacht gesagt hat jeder Teil der Logistikkette früher eher für sich gearbeitet, die Reedereien, die Lotsen, die Terminalbetreiber. Unsere Lösung macht es möglich, alle relevanten Daten über Schiffe und deren Bewegungen schnell zu erfassen, zu nutzen und sie zwischen den vielen Beteiligten des Transportprozesses auszutauschen und zu aktualisieren.“

Das Projekt PIA hatten Ende 2011 die deutschen Lotsenbrüderschaften ins Leben gerufen. Die technische Begleitung und Realisierung lag von Beginn an bei der Trenz AG. Alle rund 900 See- und Hafenlotsen in Deutschland wurden inzwischen mit mobilen Endgeräten ausgestattet. Diese enthalten eine Betriebssoftware des Unternehmens und zahlreiche Programme anderer Anbieter. Das Kundenpotenzial reicht aus Sicht der Trenz AG weit über die Lotsendienste hinaus, und Piworus soll es erschließen: „Das Gerät kann für Festmacher und Schlepperreedereien ebenso interessant sein wie für Hafenverwaltungen oder die Wasserschutzpolizei“, sagt er. „Wir wollen von Hamburg aus das System auch international vermarkten, zunächst vor allem in Nordeuropa und im Ostseeraum, prinzipiell aber weltweit.“

Die Trenz AG wurde 1997 in Bremen gegründet. 3,2 Millionen Euro setzte das Unternehmen im vergangenen Jahr um, derzeit sind 22 Mitarbeiter an Bord. Das Unternehmen entwickelt, produziert und installiert maßgeschneiderte Betriebsprogramme, vor allem für die maritime Wirtschaft, die Windkraftindustrie und die Unterhaltungsbranche, etwa für Kinos oder für Organisatoren von Veranstaltungen.

Mit dem Schritt nach Hamburg wollen die Bremer in der maritimen Branche einen großen Sprung nach vorn machen. Der Schifffahrtskaufmann und Diplom-Kaufmann Piworus, 38, betreibt die Niederlassung in der HafenCity gemeinsam mit einem Mitarbeiter seit Mai des laufenden Jahres. In der norddeutschen Schifffahrts- und Hafenbranche ist er eng vernetzt. Nach vier Jahren Tätigkeit für den Terminalbetreiber Eurogate baute er als Geschäftsstellenleiter in der Hansestadt das Maritime Cluster Norddeutschland von Hamburg aus mit auf.

Bei seiner Arbeit in den vergangenen Jahren sah Piworus die Transport- und Logistikkette stets über die einzelnen Akteure hinaus als komplexes System. Entsprechend klar hat er die Engpässe vor Augen, die durch immer größere Schiffe vor allem in den Häfen und an der Landseite entstehen. „Die Terminalbetreiber zum Beispiel in Hamburg haben in jüngerer Zeit mehrfach betont, dass Abfertigungsprobleme an der Kaikante häufig durch verspätete Schiffe oder unpräzise Ankunftszeiten verursacht werden“, sagt er. „Das erklärt fast von selbst den Sinn und den Bedarf für ein mobiles Informationssystem, wie wir es hier weiterentwickeln und vermarkten wollen.“

PIA soll künftig auch in der Lage sein, die vielfach ungenutzten, wichtigen Daten der Lotsen mit anderen maritimen Akteuren intelligent zu verknüpfen. „Wir können exakter als die bekannten Schiffsmeldedienste die genauen Positionen und Bewegungen von Schiffen für die ganze deutsche Küste darstellen“, sagt Piworus. „Genaue Prognosen über Verkehrslagen viele Stunden im Voraus“ sollen den Logistikern helfen, ihre Arbeit präziser zu planen und abzustimmen.