Absatz von Mineralwasser mit Fruchtaroma steigt deutlich. Verbraucherschützer kritisieren hohe Kalorienzahl. Hersteller wehren sich

Hamburg. Zwei neue Sorten hat Hansa Mineralbrunnen aus Rellingen gerade in den Handel gebracht: „Hella Mandaloha“ kombiniert Mineralwasser mit einem Hauch von Mandarine und Hibiskus. „Wir haben uns zur Abwechslung mal für eine exotische Geschmacksrichtung entschieden“, sagt Tobias Giles-Bluhm, Geschäftsführer der Hansa Mineralbrunnen GmbH. „In diesem Segment der Mineralwasser mit Geschmack verzeichnen wir eine sehr gute Entwicklung.“ Der heiße Sommer unterstützt diesen Trend. Das Unternehmen ist in diesem Bereich der Markenprodukte Marktführer in Norddeutschland mit einem Anteil von 25 Prozent.

Zwar bevorzugen die Deutschen nach wie vor klassisches Mineralwasser, um ihren Durst zu löschen. „Aber die Konsumenten erwarten auch Abwechslung beim Geschmack. In die neuen Produkte fließen die Geschmackswünsche der Kunden ein“, sagt Giles-Bluhm. Der Absatz der Mineralwasser mit Aromen stieg in den vergangenen fünf Jahren um 23 Prozent, wie aus den aktuellen Zahlen des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen hervorgeht.

Rund 183 Liter trinken die Deutschen im Jahr an Mineralwasser in verschiedenen Zusammensetzungen. Etwa jede vierte von den Brunnen abgesetzte Flasche ist mittlerweile ein Mineralwassermischgetränk wie Mineralwasser mit Aroma oder Frucht sowie Schorle. Doch diese Getränke, oft auch noch mit dem Zusatz Wellness versehen, stoßen bei den Hamburger Verbraucherschützern auf Kritik.

„Den Verbrauchern ist nicht bewusst, dass diese Getränke einen hohen Zuckeranteil haben“, sagt Silke Schwartau, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Denn schon mit zwei Gläsern kann die Zuckermenge erreicht sein, die man insgesamt pro Tag nicht überschreiten sollte.“ Im Handel würden aber die Getränke direkt neben dem Mineralwasser platziert und damit suggeriert, sie seien mit Wasser vergleichbar. Nach einem Test der Stiftung Warentest liegt der Zuckeranteil dieser Getränke mit Aromazusatz zwischen zwei und knapp 4,8 Gramm Zucker je 100 Milliliter. „Mit nur zwei Gläsern ist fast der gesamte Tagesbedarf an Zucker erreicht, wenn man die neusten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO berücksichtigt“, kritisiert Schwartau. Wenn Fruchtsaft beigemischt ist, liegt der Zuckeranteil noch höher (s. Tabelle).

Auch in der Aufmachung sieht Schwartau den Verbraucher getäuscht. „Der Geschmack stammt überwiegend vom zugesetzten Aroma und kaum von den Früchten, die auf vielen Flaschen abgebildet sind.“ Denn auch wenn natürliches Aroma verwendet wird, muss es nicht aus den namensgebenden Früchten gewonnen werden. „Das bedeutet lediglich, dass die Geschmacksstoffe auf natürlicher Grundlage erzeugt werden“, sagt Schwartau. Auch eine positive Wellnesswirkung sei auf Grund der minimalen Frucht- oder Kräutermengen nicht zu erwarten. Der Begriff Wellness ist zudem nicht geschützt und damit kein besonderes Qualitätskennzeichen.

Mineralwasser mit Geschmack gibt es in zwei Varianten. Dem Mineralwasser werden nur Aromen und Zucker zugesetzt. Dann bleibt es klar und kann auch meist noch als kalorienarm bezeichnet werden. Wenn nicht mehr als 20 Kilokalorien (kcal) pro 100 Milliliter erreicht werden, ist diese Aussage zulässig. Limonade und Fruchtsaft haben meist die doppelte Kalorienmenge.

In der zweiten Variante werden neben Aroma auch Fruchtsaft oder Fruchtsaftkonzentrat beigemischt. Der Zuckergehalt ist dann höher. „In unserer Stichprobe hat der Harzer Bergbrunnen Wellness mit Birnen- und Maracujasaft den höchsten Zuckergehalt mit 68 Gramm pro Liter“, sagt Schwartau. Das entspricht einer Menge von fast 23 Stück Würfelzucker. „Wer einen Liter davon trinkt, nimmt 280 kcal zu sich“, sagt Schwartau. Beim täglichen Zuckerbedarf legen die Verbraucherschützer einen strengen Maßstab an. Eine Frau soll nicht mehr als 25 Gramm am Tag zu sich nehmen, bei einem Mann sind es 30 Gramm. „Angesichts der weltweit steigenden Zahlen an Übergewichtigen und Menschen mit Diabetes soll diese Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO innerhalb eines Jahres durchgesetzt werden“, sagt Schwartau.

Der Verbrauch von Mineralwasser steigt stärker als von anderen Getränken

Noch gelten allerdings Empfehlungen der WHO, die für beide Geschlechter doppelt so hoch sind. „Auch diese Werte sind schnell erreicht, denn Zucker ist in fast allen Lebensmitteln enthalten“, sagt Schwartau.

Die Hersteller sehen die Kritik als unbegründet an, da keine Gefahr besteht, dass sich die Deutschen von ihrem Mineralwasser als Hauptgetränk verabschieden. „Es ist die Grundlage für einen ausgewogenen Flüssigkeitshaushalt und ist damit der Durstlöscher Nummer eins“, sagt Franziska Schier von Danone Waters Deutschland GmbH, die die Marke Volvic auch mit verschiedenen Geschmacksrichtungen vertreibt. Der Anteil an allen alkoholfreien Getränken liegt bei 51,8 Prozent und hat sich in den vergangenen Jahren noch deutlich erhöht. „Der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser ist seit 2009 um 9,6 Liter gestiegen, der von Mineralbrunnen-Erfrischungsgetränken in der gleichen Zeit nur um 1,1 Liter“, sagt Marion Klein vom Verband Deutscher Mineralbrunnen.

„Neben Mineralwasser wünschen sich viele Verbraucher etwas Geschmack und somit Abwechslung im Glas“, sagt Schier. „Zucker sollte nicht verteufelt werden, denn er ist für Getränke ein wichtiger Geschmacksträger“, sagt Hella-Chef Giles-Bluhm. „Die Reduzierung von Zucker würde den Geschmack gravierend verändern.“ Außerdem setzt das Unternehmen auf eine klare Kennzeichnung und rät auf jeder Flasche, die Süßgetränke nur in Maßen zu konsumieren. „Wir geben alle wichtigen Informationen zur Zusammensetzung der Getränke und setzen auf den mündigen Verbraucher, der selbst entscheiden kann, was er in welchen Mengen trinkt“, sagt Giles-Bluhm.

Die Verbraucherschützer raten für eine Abwechslung beim Geschmack, das Wasser selbst geschmacklich aufzupeppen. Dafür eignen sich Fruchtsaft oder frisch ausgepresste Zitrone oder Orange. Doch wer dabei zu viel Fruchtsaft beimischt, riskiert schon wieder eine hohen Kalorienanteil. Auch mit Fruchtstückchen lässt sich das Wasser geschmacklich anreichern. Es sollte dann aber mindestens zehn Minuten durchziehen.