Handelskammer fordert Reformgruppe auf, ein Internet-Tagebuch zu löschen und nicht über Sitzungen zu berichten

Hamburg. Die Auseinandersetzung über Reformen in der Handelskammer gewinnt erneut an Schärfe. Das Plenum der Kammer kommt heute zu seiner üblichen monatlichen Sitzung zusammen. Die Themen der Aussprache werden aber erneut vom Streit zwischen der Kammer-Führung und den Reformrebellen des Bündnisses „Die Kammer sind Wir!“ beherrscht.

Gleich der erste Tagesordnungspunkt ist dazu geeignet, die Gräben weiter aufzureißen: Dabei geht es um einen Blog, also um einen Tagebucheintrag, den der Chef der Reformtruppe, Tobias Bergmann, auf der Internetseite des Bündnisses für alle einsehbar veröffentlicht hat. In diesem Blog berichtet Bergmann von „streng vertraulichen Ergebnissen“ der vorangegangenen Plenarsitzung der Kammer und kommentiert diese. Laut Kammerführung hat er damit gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen, die Plenarmitgliedern auferlegt ist.

Da Bergmann derzeit im Urlaub weilt, wird das Thema vielleicht verschoben. Inzwischen hat es aber an Brisanz gewonnen, weil der Justiziar der Kammer den Anführer von „Die Kammer sind Wir“ schriftlich dazu aufgefordert hat, den Interneteintrag zu löschen und den Blog einzustellen. Der Text sei „in großen Teilen irreführend und schlussendlich ehrenrührig“, da die Persönlichkeitsrechte der Plenarier verletzt würden. Der Blog sei eine individuelle Schilderung aus einer Plenarsitzung, die den Gesamtverlauf nicht richtig wiedergebe. Bergmann wird von dem Justiziar dazu aufgefordert, sich an den in den Satzungen geregelten Weg der Veröffentlichung von Inhalten aus Plenarsitzungen zu halten.

Und dieser Weg sieht vor, dass von den Sitzungen ein Protokoll erstellt wird, das vom Plenum erneut verabschiedet und dann den Mitgliedsunternehmen der Kammer zugeleitet wird. Eine allgemeine Veröffentlichung gibt es nicht. Aber genau dieses Vorgehen stößt bei Bergmann auf Kritik, wie er in seinem Interneteintrag deutlich macht: „Ich bin der Meinung, dass es kein Recht auf diese Art von Geheimniskrämerei gibt“, schreibt er. „Die Wähler haben das Recht zu erfahren, wie ihre Parlamentarier handeln. Nur so haben Minderheitenmeinungen die Chance, Gehör zu finden.“

Beim Bündnis „Die Kammer sind Wir!“ stellt man sich jetzt auf eine harte Diskussion ein. Dass der Justiziar der Handelskammer eine Löschung des Blogs fordert, überrascht den Sprecher der Gruppe, Gregor Hackmack, allerdings nicht: „Das Präsidium und das Hauptamt der Handelskammer versuchen mit allen Mitteln, die alleinige Deutungshoheit über den Verlauf von Plenarsitzungen zu behalten. Meinungsvielfalt ist offenbar nicht erwünscht“, sagt er. Ähnliches zeige auch die Diskussion über die Veröffentlichung der Einzelstimmenergebnisse der vergangenen Präseswahlen Anfang Mai, die weiter geheim gehalten würden. Damals wurde Fritz Horst Melsheimer „mit großer Mehrheit“ erneut zum Kammerpräses bestimmt.

Auch darüber soll im Plenum diskutiert werden. Wie das Abendblatt berichtete, hat der Hamburger Datenschutzbeauftrage die Praxis der Kammer gerügt, Stimmergebnisse nicht zu veröffentlichen. Eingeschaltet hatte den Datenschutzbeauftragten ein Hamburger Unternehmer, der den Kammer-Rebellen inhaltlich nahesteht. Dieser will sogar vor Gericht klagen, sollte das Wahlergebnis nicht detailliert bekannt gegeben werden. Die Gruppe „Die Kammer sind Wir!“ ist seit den Wahlen im Februar mit zwölf Mitgliedern, knapp 20 Prozent, im Plenum vertreten.