Windsurfweltmeister Frank Maass will Umsatz der Modemarke um zehn Prozent steigern

Hamburg. In der eleganten Villa am Mittelweg, mit weißen Stuckdecken über dunklem Parkett und so mancher verwinkelter Treppe, dürfen einige wenige Menschen schon mal einen Blick in die Zukunft wagen. Sie ist neonpink, weiß und grau und hängt in lichtdurchfluteten Sälen, aufgereiht an Kleiderstangen, umgeben von großformatigen Fotos mit Yachten. Die Zukunft, das ist die Kollektion für den nächsten Sommer, das sind die Hosen, Jacken und Shirts, die Segler und andere Outdoorfans nach dem Willen der Designer von Gaastra 2015 tragen werden.

Die Farben der Damenkollektion sind klar, leuchtend, sie strahlen Optimismus aus, dafür sind die Prints größtenteils verschwunden. Von den großen Schriftzügen, den grafischen Elementen, die nicht gerade dezent mit dem Logo gespielt haben und von anderen Marken wie Camp David kopiert wurden, hat sich Gaastra verabschiedet. Diese Trendwende wird beim ersten Blick in den Hamburger Showroom deutlich, in dem sich die Vertriebspartner die Ware der kommenden Saisons anschauen können.

„In Zukunft geht es wieder mehr um die Funktionen der Kleidung, wie wir es vom Segeln kennen“, sagt die Kommunikationsmanagerin der holländischen Modemarke. Die junge blonde Spezialistin für das Firmenimage soll wie so viele neue Gesichter bei Gaastra für frischen Wind sorgen.

Auch der Deutschland-Chef Frank Maass spricht im Interview mit dieser Zeitung von Veränderung. Er verweist auf eine sich wandelnde Vertriebslandschaft, die Flaute im Fachhandel, ist besorgt über immer mehr Geschäfte, die angesichts der Konkurrenz durch das Internet aufgeben. Maass ist Deutscher Meister im Segeln und Weltmeister im Windsurfen, ist also Kämpfen gewohnt. Bei Gaastra agiert der 53-Jährige als nachdenklicher Manager, der in einem solchen Marktumfeld auch nicht immer Rückenwind gehabt haben dürfte.

Zuletzt hat Gaastra die Umsätze nur noch halten können. Doch trotz dieses Nullwachstums ist Deutschland für das holländische Label der größte Markt. Und die Zentrale in Hamburg bietet aus Sicht der Niederländer auch einen sicheren Hafen für die weitere Entwicklung der maritimen Sportswear in Deutschland: Die Verwaltung in Amsterdam übergibt das Ruder in weiteren Bereichen an deutsche Manager. So hat Hauke Hartmann, 45, hier kürzlich die Geschäftsführung für Finanzen übernommen, eine Sparte, die bisher in den Händen der Niederländer gelegen hatte. Zugleich ist ein Team mit Verantwortung für den internationalen Internethandel in neue Büroräume neben der Villa in Harvestehude eingezogen und hat die Mannschaft bei Gaastra noch einmal auf inzwischen gut 80 Mitarbeiter vergrößert.

Aber nicht nur am Sitz in der Nähe der Alster, die mit ihren Segelclubs und wassersportbegeisterten Anwohnern gut zum Image von Gaastra passt, setzt die Firma auf Expansion. Der Wachstumskurs gilt auch für den Vertrieb. Ebenso wie Boss, Closed oder Tom Tailor will sich die nautische Marke in Zukunft mehr auf eigene Läden stützen, will nicht mehr als einer von vielen Anbietern in einem Regal eines Händlers untergehen. Um die Gaastra-Welt rund um das Segeln, mit ihren Sponsoring-Aktivitäten bei Top-Regatten auf Mallorca oder St. Barth auch den Kunden in der Fußgängerzone näher bringen zu können, sucht der Hersteller Immobilien in ganz Deutschland.

„In Hamburg schauen wir nach einem Standort in Eins-a-Lage für einen Flagshipstore“, sagt Frank Maass. Dieser könnte den bestehenden Laden in der HafenCity ergänzen oder ersetzen. Derzeit macht der Shop in der Nähe der Elbphilharmonie wegen der vermutlich noch länger anhaltenden Bautätigkeiten dem Betreiber nicht so viel Freude, wie er könnte – auch wenn er sich rechnet, sagt Maass. Weitere Flagshipstores plant die Marke auch in Düsseldorf, München und Berlin.

Neben den eigenen neuen Flächen will Gaastra vermehrt mit Franchisenehmern zusammenarbeiten. Aktuell stehen zehn Eröffnungen von Franchiseshops in Mitteldeutschland an. Im Norden dürften als nächstes Kiel, Lübeck und die Inseln an den Start gehen. „Innerhalb der nächsten zwei Jahre würden wir dann auf vier Flagshipstores und 15 neue Franchisestandorte kommen“, fasst Maass zusammen. Die Erlöse, die bisher in einer dreistelligen Millionenhöhe dümpeln und vom Unternehmen nicht näher beziffert werden, sollen sich dann um rund zehn Prozent steigern.

Maass ist zuversichtlich, dass er mit den neuen Partnern im stationären Vertrieb und dem Onlineshop, der hohe zweistellige Zuwächse beisteuert, weitere Kunden gewinnen kann. Gaastra soll dabei auch auf noch mehr Segelevents Flagge zeigen als bisher schon und wieder stärker in der Szene beheimatet werden. Bei der Copa del Rey trat die königliche Familie Spaniens in der Eventkollektion von Gaastra an.

Immerhin hat die Marke in dem Sport ihre Wurzeln. Die Ursprünge der Firma reichen zurück bis ins Jahr 1897, als Douwe Gaastra eine Segelmacherei im holländischen Sneek gründete. Der Wasserturm des friesischen Ortes bildet das Logo des Labels. Nicht zufällig ist die Marke denn auch nicht nur an Land, sondern auch auf den Weltmeeren zu kaufen: Elf Aida-Schiffe haben einen Gaastra-Shop an Bord.

Auch Maass selber hat seine Leidenschaft für den Wassersport nicht verloren. In den vergangenen fünf Jahren hat der Familienvater eine alte Holzyacht restauriert. Sie liegt in Heiligenhafen, der Stadt, der Maass auch treu geblieben ist, als er den Job in Hamburg antrat. Ein Haus am Meer, das Büro an der Alster, mehr Wind und Wellen geht wohl kaum.