Heute läuft Frist für Zahlung von 1,5 Milliarden Dollar an US-Hedgefonds aus. Präsidentin Fernández will die „Aasgeier“ nicht bedienen

New York/Buenos Aires. Den guten Willen hat die argentinische Regierung auf den letzten Metern zumindest signalisiert. Am Montag kündigte Kabinettschef Jorge Capitanich an, dass eine Delegation seines Landes am Dienstag zu einem Gespräch nach New York mit dem gerichtlich bestimmten Mediator reisen werde – einen Tag vor Ende der Frist für eine Einigung. „Argentiniens Position ist es, einen Dialog zu erreichen, der faire, legale und nachhaltige Konditionen für die Verhandlungen mit allen Gläubigern bietet“, sagte er. Argentinien steuert auf die zweite Staatspleite in nur 13 Jahren zu – Schulden bei aggressiven US-Hedgefonds drohen zum Verhängnis zu werden. Ohne eine Einigung in letzter Minute dürften Rating-Agenturen die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas bereits am Donnerstag als Zahlungsausfall einstufen. „Die Situation scheint ausweglos“, sagt Experte Drausio Giacomelli von der Deutschen Bank.

Das öffentliche Leben in Argentinien dürfte davon allerdings zunächst kaum beeinträchtigt werden, denn die argentinische Staatskasse ist nicht leer. Dass Argentinien den Zahlungsausfall in Kauf nimmt, ist eine politische Entscheidung.

Argentinien streitet mit den Hedgefonds NML Capital und Aurelius um Schulden aus der Staatspleite von 2001. Die Fonds haben die Umschuldungen aus den Jahren 2005 und 2010 verweigert und Forderungen über 1,5 Milliarden US-Dollar (derzeit 1,1 Milliarden Euro) eingeklagt. Argentinien will aber nicht zahlen. Die Regierung bezeichnet die Fonds als „Aasgeier“, weil sie die Schuldtitel nach starken Kursverlusten zu Schleuderpreisen gekauft haben sollen. Solange die Schulden bei den Hedgefonds offen sind, darf Argentinien andere Anleihen nicht bedienen. Das haben US-Gerichte so entschieden, die zuständig sind, weil die Staatspapiere unter amerikanischem Recht ausgegeben wurden. Wegen dieses Urteils konnte Argentinien Ende Juni Rechnungen bei anderen Gläubigern nicht bedienen. Eine 30-tägige Gnadenfrist, um eine Lösung zu finden, läuft am Mittwoch um Mitternacht aus.

Danach dürften die Rating-Agenturen endgültig den Zahlungsausfall feststellen. Allerdings liegt der Fall anders als vor 13 Jahren – denn die Regierung hätte diesmal durchaus die Mittel, ihre Schulden zu begleichen. Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat es aber zum Prinzip gemacht, die „Geierfonds“ nicht zu bezahlen. Nun droht dafür die Quittung. Argentinien leidet unter hoher Inflation, die Wirtschaft schrumpft. Eine erneute Staatspleite würde internationale Investoren weiter verschrecken.

Dabei stand die Wiederherstellung des Stolzes und der Souveränität des Landes nach dem Kollaps 2001 im Mittelpunkt des politischen Programms von Fernández und ihrem Vorgänger und mittlerweile verstorbenen Ehemann Néstor Kirchner. Die beiden handelten Deals mit den Gläubigern aus, stotterten die Verbindlichkeiten ab, hielten die Energiepreise mit Subventionen niedrig und griffen tief in die öffentliche Kasse, um die Armen des Landes zu unterstützen. „Eine Staatspleite würde das Vermächtnis der Präsidentin beflecken“, sagt Analyst Carlos Caicedo von IHS Country Risk. Und die Chancen auf die Wahl eines Kandidaten aus dem Lager der Präsidentin würden deutlich sinken.