Insolvente SSB Oortkaten entlässt alle Mitarbeiter

Hamburg. Die Produkte sind legendär und aus dem Stadtbild Hamburgs nicht wegzudenken. Im Jahr 2000 hatte Klaus Schlünzen als Chef der Werft SSB Spezialschiffbau Oortkaten die Bügeleisen-Fähren für die Hadag entworfen. Seitdem prägen sie die Szenerie im Hafen. Sie werden von nur einem einzelnen Mann gefahren und gelten als besonders sicher. Insgesamt lieferte die kleinste Werft der Hansestadt 14 Schiffe an den Fährdienstbetreiber in der Elbmetropole. Ende Juni ging das Flachschiff „Reiherstieg“ an die Hadag. Es wird die letzte der rund zwei Millionen Euro teuren Fähren gewesen sein, die von SSB mit Sitz am Oortkatenufer zwischen Ochsenwerder und Kirchwerder gebaut wurde.

„Wir können keine Aufträge mehr annehmen. Die Werft macht zu“, sagte am Freitag Alvaro Leonardo Moreno, der die Geschäftsführung im Oktober des vergangenen Jahres übernommen hatte. Am Nikolaustag meldete der Betriebswirt für das Unternehmen Insolvenz an. Nun ist das Aus für das Unternehmen besiegelt. „Die Altlasten sind so hoch, dass der Betrieb nicht mehr aus eigener Kraft fortgeführt werden kann. Das tut echt weh“, sagt Moreno. Der Insolvenzverwalter äußerte sich auf Anfrage des Abendblatts nicht.

Am Freitag erhielten die verbliebenen 13 Mitarbeiter laut Moreno ihre Kündigung. Es sind Tischler, Schweißer, Schiffbauer und kaufmännische Angestellte. Sie müssen sich nun arbeitssuchend melden. Drei Mitarbeiter verließen seit dem Insolvenzantrag bereits das Unternehmen, weil die Verträge ausliefen. Auf der Werft wurden die Bügeleisen-Fähren nicht nur gebaut, sondern auch gewartet, repariert und verbreitert, um mehr Passagiere an Bord nehmen zu können.

Was nun mit dem Grundstück und den Gebäuden passiert, ist noch offen. Sie gehören Morenos Schwiegermutter Renate Schütte. „Wir sind in Verhandlungen mit drei potenziellen Interessenten, die auch Interesse an einer Übernahme der Mitarbeiter haben“, sagt sie, ohne sich auf einen Zeithorizont für den Abschluss der Gespräche einzulassen. Einer der Kandidaten soll ein Stahlbauunternehmen aus Hamburg sein. Als attraktiv gilt für andere Unternehmen vor allem die 110 Meter lange Kaikante.

Schütte hatte die Werft zusammen mit ihrem Lebensgefährten Schlünzen im Jahr 2000 übernommen, als sie vom Insolvenzverwalter den Zuschlag für die damalige Grube-Werft erhielten. Das Paar baute die Firma auf und aus, leitete sie gemeinsam. Nach dem Tod Schlünzens 2008 führte Schütte das Schiffbauunternehmen allein weiter. Im Oktober 2013 gab sie die Führung an ihren Schwiegersohn Moreno ab. Sowohl der Tag, an dem der Insolvenzantrag gestellt wurde, als auch der Freitag, an dem die SSB-Beschäftigten ihre Kündigung erhielten, sei für sie hart gewesen. „Ich hänge sehr an der Werft, weil ich alle Mitarbeiter persönlich so lange schon kenne“, sagt sie.

Anders als Werften für Seeschiffe sind Firmen wie SSB zwar keiner internationalen Konkurrenz ausgesetzt, weil sie mit ihren speziell zugeschnittenen Produkten regionale Märkte bedienen. Das Aus für Hamburgs kleinste Werft reiht sich aber ein in den Niedergang der einst glorreichen deutschen Schiffbautradition. Die Zahl der Mitarbeiter ist seit Jahren kontinuierlich rückläufig. Traditionsunternehmen wie Lindenau in Kiel, die Volkswerft in Stralsund, Wadan in Wismar und Rostock, die Nordseewerke in Emden und Sietas in Hamburg rutschten in die Insolvenz. Sietas, 1635 in Neuenfelde gegründet und damit die älteste Werft Deutschlands, wurde im Februar dieses Jahres an das russische Unternehmen Pella Shipyard verkauft. Die Belegschaft soll von rund 120 Mitarbeitern bis zum Jahr 2016 wieder auf 400 ausgebaut werden. Ohne die Übernahme durch die Russen aus der Nähe von St. Petersburg wäre die Werft wohl aufgegeben worden – ein Schicksal, das die SSB Spezialschiffbau Oortkaten jetzt ereilt hat.