Behörde ruft Verbraucher zu schriftlichen Beschwerden auf

Hamburg. Der Brief war freundlich. „Sie haben sich die Mühe gemacht, uns Ihre Erfahrungen mit unserem Service zu schildern“, schreibt die Post an eine Frau, die sich beschwert hat, weil sie zwei Tage lang keine Briefe bekam. Als Dank für ihre Beschwerde schickte das Unternehmen ihr vier Briefmarken im Gesamtwert von 2,40 Euro. Sie reagierte empört: „Ich möchte keine Briefmarken, sondern eine pünktliche Post.“ Die Dame auf der Uhlenhorst ist kein Einzelfall. Immer wieder beschweren sich Leser über die Post und nicht erhaltene Briefe und Päckchen (Abendblatt berichtete). Wichtige Sendungen wie Röntgenaufnahmen kamen in einer Praxis in Hamburg-Nord nicht rechtzeitig an, bei Geschäftsleuten kamen wichtige Rechnungen zu spät.

Jetzt will die Regulierungsbehörde härter durchgreifen. Denn die Post ist verpflichtet, jeden Werktag Briefe, Zeitschriften und andere Sendungen auszutragen. Zwar haben sich in Hamburg seit dem Jahresende rund 60 Kunden des Unternehmens bei der Behörde schriftlich über fehlende Sendungen beschwert, aber das reicht nicht. „Das Problem in Hamburg ist uns bekannt. Wir können nur auf Beschwerden von Bürgern gegenüber der Post reagieren“, sagt André Meyer-Sebastian, Leiter des Referats für Universaldienst und Verbraucherfragen bei der Behörde.

Nur wenn sich viele Bürger beschweren, kann die Behörde eingreifen

Denn nur wenn sich viele Betroffene beschweren, können die Regulierer gegenüber der Post argumentieren. Die Behörde will nun den Hamburger Markt stärker ins Visier nehmen. Deshalb wäre Meyer-Sebastian dankbar für weitere Hinweise von Betroffenen. „Sie können direkt an die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen mit der Adresse Tulpenfeld 4 in 53113 Bonn schreiben.“ Zudem plant die Behörde in Hamburg weitere Maßnahmen, die Meyer-Sebastian noch nicht nennen wollte. Jetzt will die Regulierungsbehörde härter durchgreifen. „Hamburg ist bei uns im Fokus“, sagt er.

Der Ärger mit der Post trifft auch Privathaushalte. „An einem Abend fand ich in meinem Briefkasten die gesammelten Briefe und im Treppenhaus die gestapelten überregionalen Zeitungen der vergangenen vier Tage vor. Eine Stellungnahme der Post, warum hier in unserer Straße tagelang nichts ausgetragen wurde, habe ich bis heute nicht erhalten“, sagte eine Abendblatt-Leserin aus Winterhude. „Als Reaktion auf diese Art der Post habe ich nun einige Abonnements gekündigt. Damit werde ich in nicht allzu ferner Zukunft unabhängig vom Serviceverständnis der Deutschen Post. Dann gehören auch der Ärger über die Zustellqualität der Post, die unerfreulichen und nutzlosen Telefonate mit deren Kundenservice und die so vertane Zeit der Vergangenheit an“, sagt sie. Auch in anderen Stadtteilen lief nicht alles rund. Ein bekannter Journalist aus Eimsbüttel bekam zwei Tage lang keine Post, obwohl er sie dringend brauchte. In Altona und Rahlstedt beklagten viele Geschäfts- und Privatleute eine mangelnde Zustellqualität.

Die Briefträger sind überlastet, sagt die Gewerkschaft

„Die Post-Mitarbeiter sind überfordert“, sagt Lars-Uwe Rieck von der Gewerkschaft Ver.di. Er kennt die Gründe. „Es gibt einen hohen Krankheitsstand bei den Mitarbeitern. Die Touren sind für die Kollegen viel zu lang“, sagt er. Deshalb könnten manche Briefträger ihre Post nicht am selben, sondern erst am folgenden Tag abliefern. Das bedeute, dass die Post gesammelt werde und der Bote am nächsten Tag noch mehr austragen müsste.

Hinzu kämen viele Überstunden. Deshalb würde das Unternehmen auf Aushilfskräfte zurückgreifen. „Und für diese ist die betreffende Tour neu. Deswegen können sie ihre Straßen nicht so schnell abfahren wie der Kollege, der diese Tour sonst immer erledigt.“ Rieck kritisiert, dass die Post sich mehr dem Gewinn und den Aktionären verpflichtet sieht als den Mitarbeitern.

Der Hamburger Post-Sprecher Jens-Uwe Hogardt verweist darauf, dass 95 Prozent aller Sendungen ihren Empfänger schon am nächsten Tag erreichen. Eine Garantie, dass jeder Brief am nächsten Tag ankomme, gebe es aber nicht. Über die Beschwerden der Hamburger könne er erst dann etwas sagen, wenn er Informationen habe, wann und wo die Sendungen in den Postbriefkasten kamen.