Hamburger Manufaktur Teufelswerk & Engelsgabe beliefert bundesweit 200 Läden mit ihrem Konfekt

Hamburg. Dunja Bischoff schüttet Datteln, geriebene Mandeln und einen Schuss Orangenöl in den Mixer. Ein, zwei Minuten zerkleinert die Küchenmaschine die Zutaten. Die 30-Jährige nimmt den Deckel ab, greift zum Eisportionierer und formt aus dem Mus eine kleine Kugel. Durch Rollen in der Hand verpasst die Mitarbeiterin von Teufelswerk & Engelsgabe den Kugeln die perfekte Rundung. Anschließend werden sie in gerösteten Mandelstückchen gewälzt. Und fertig ist das Dattelkonfekt.

Rund zehn Tonnen der Frucht wird die Manufaktur in diesem Jahr voraussichtlich verarbeiten. „Wir sind jedes Jahr gewachsen, 2013 legten wir beim Umsatz um 50 Prozent zu“, sagt Gründerin und Inhaberin Katrin Wolff. Die genaue Summe gehöre zum Betriebsgeheimnis, aber die Erlöse lägen im sechsstelligen Bereich. Bei 200 Händlern sind die Leckereien bundesweit zu kaufen. Von Biomärkten über Reformhäuser, Feinkosthändler, Hotelshops, Cafés und Yogastudios bis zu ausgewählten Supermärkten. Allein in der vergangenen Woche hätten drei Händler angerufen, die ihre Produkte ins Sortiment aufnehmen wollen. Zwei weitere Anbieter von Dattelkonfekt gebe es in Deutschland noch, sagt Wolff, die vor drei Jahren in eine Marktlücke stieß.

Anfang 2011 machte sich die Diplom-Betriebswirtin selbstständig. „Es war immer mein Traum, etwas Kleines, Feines zu haben, hinter dem ich voll stehen kann.“ Nach dem Studium in Passau und Dublin und Arbeitsstationen als Unternehmensberaterin in München und Wiesbaden wollte die gebürtige Hamburgerin in ihre Heimatstadt zurück. Schon bei ihrer letzten Tätigkeit in der hessischen Hauptstadt tüftelte sie abends an Rezepten.

„Ich bin ein Süßigkeitenjunkie“, sagt die schlanke 36-Jährige. Der Automat in der Firma mit Schokoriegeln und Fruchtgummitüten sei ihr bester Freund gewesen. Doch sie wollte etwas anderes naschen. Lecker, gesund, satt machend sollte es sein. Klassische Bioprodukte trafen nicht ihren Geschmack. „Ich habe nach einer Frucht gesucht, die so süß ist, dass man keine weiteren Zutaten hinzufügen muss“, sagt Wolff. „Die Dattel ist die süßeste, nährstoffreichste Frucht und relativ geschmacksneutral.“ Alle von ihr verwendeten Zutaten stammen aus kontrolliertem, biologischem Anbau, sind laktose- und glutenfrei sowie „wirklich fair“ gehandelt. Die Datteln beziehe sie über die Schweizer Organisation Gebana, die die anbauenden tunesischen Bauern sehr gut unterstützen würden. Auf klassischen Zucker und Konservierungsmittel verzichtet sie.

Nachmittags probierte sie in der Küche einer Waldorfschule in Eimsbüttel neue Rezepte aus. Vier Wochen vor Ostern stellte sie ihre Produkte der Biosupermarktkette Erdkorn vor – die griffen sofort zu. Bedingung: Die Ware musste noch vor dem Frühjahrsfest in acht Filialen stehen. Wolff machte die Nacht zum Tag, schlief nur noch drei bis vier Stunden und stellte 1300 Packungen à sechs Stück her. „Da war ich an meinen Grenzen“, erinnert sie sich. Wenig später wollte auch der Edeka-Händler Niemerszein das Dattelkonfekt haben, andere Kaufleute der Kette folgten. Das Schlafdefizit hatte sich ausgezahlt.

Mittlerweile hat sie sechs verschiedene Sorten Dattelkonfekt im Angebot, unter anderem mit Kakao und Kaffee oder Kakao und einer Minznote umhüllt mit Kokosflocken. „Man soll jede Zutat herausschmecken“, sagt Wolff, die in ihrem Internetshop 3,79 Euro für 100 Gramm nimmt. Zwischen 320 und 380 Kilokalorien hat eine Packung mit sechs Kugeln. „Das ist deutlich weniger als eine Tafel Schokolade“, sagt Wolff, und sei zudem deutlich gesünder. So sei sie auch auf den Firmennamen gekommen: Die Pralinen seien teuflisch süß, aber weil alles aus dem natürlichen Fruchtzucker stamme, halte ein Engel seine schützende Hand darüber.

Vor gut zwei Jahren zog die Firma in einen Wandsbeker Gewerbehof. Die 100 Quadratmeter werden jetzt zu klein, spätestens zum Jahreswechsel soll ein Durchbruch zu den benachbarten Räumen erfolgen und die Fläche um 75 Quadratmeter erweitert werden. Von Anfang an habe sie eine schwarze Null geschrieben, sagt Wolff, die drei Festangestellte beschäftigt und weiteres Personal sucht. Von August an will sie sich möglichst aus der Produktion herausziehen und sich verstärkt um die Expansion kümmern: „Bankkredite möchte ich nicht aufnehmen. Ich versuche, das Wachstum aus dem Cashflow zu finanzieren.“ Mindestens 50.000 Euro habe sie bisher in die Firma gesteckt – zuletzt in ihre neue Produktlinie.

Seit ein paar Monaten stellt sie auch Fruchtkonfekt her. Sie wollte Allergikern, die keine Nüsse oder Mandeln vertragen, etwas anbieten. Der Duft von kochenden Himbeeren und Erdbeeren zieht durch die Manufaktur. Später wird die Marmelade püriert und auf Backblechen fein ausgestrichen. Zehn Stunden lang kommt das angehende Fruchtkonfekt in den Ofen, damit es an Süße und Aroma gewinnt und das Wasser verliert. Von etwa 250 bis 300 Gramm Marmelade bleiben 100 Gramm Fruchtkonfekt übrig. Zum Schluss wird es gerollt und geschnitten, erst in Plastiktüten und dann in einen Karton aus recycelten Papier verpackt.

Mit ihren Produkten decke sie nun die beiden Zielgruppen der Süßigkeitennascher ab. Wer Schokolade liebt, könne zum Dattelkonfekt greifen. Wer Fruchtgummi bevorzugt, habe mit dem Fruchtkonfekt eine Alternative. Der Start einer dritten Produktlinie ist für den Herbst geplant. „Es soll noch etwas Knuspriges hinzukommen.“ Das Nahziel ist definiert. Mittelfristig will sie sich mit anderen Hamburger Manufakturen zusammenschließen und einen Mitarbeiter einstellen, der als Verkoster durch das Land fährt und die Produkte bei Händlern vorstellt. Und dann ist da noch das Fernziel. Wolff: „Mein Traum ist es, meine eigenen Dattel-, Mandel- und Haselnussplantagen zu haben.“