Daimler und Volkswagen wollen Kosten um mehrere Milliarden Euro senken. Mitarbeiter müssen die Folgen tragen

Stuttgart/Wolfsburg. Insgesamt 21 Milliarden Euro. So viel Gewinn haben die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler und BMW 2013 unter dem Strich eingefahren. Fast 400 Milliarden Euro setzen sie gemeinsam um – es gibt nur gut 20 Länder auf der Welt, deren Wirtschaftsleistung höher ist als der Umsatz dieser drei DAX-Riesen. Die deutschen Autobauer strotzen vor Kraft. Und dennoch tüfteln die Konzernchefs an den nächsten Sparrunden.

Der Autokonzern Daimler will seinen Sparkurs nach ersten Erfolgen sogar verschärfen. „Die Effizienzprogramme zeigen über alle Geschäftsfelder hinweg Wirkung“, sagte Konzernchef Dieter Zetsche am Mittwoch bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal. „Wir werden sie strukturell absichern und konsequent ausbauen.“ Daimler will mit den bisherigen Maßnahmen bis Ende des Jahres insgesamt vier Milliarden Euro einsparen – ab 2015 soll die Summe sich dann voll im Ergebnis bemerkbar machen. Die eingeleiteten Maßnahmen sollen Zetsche zufolge auch darüber hinaus weitergehen. Konkrete Summen wollte er aber zunächst nicht nennen.

Laut „Handelsblatt“ will Daimler die Lohnkosten um weitere rund zwei Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren senken. Im Raum stünden etwa längere Arbeitszeiten. Im Gegenzug für Zugeständnisse der Mitarbeiter plane Daimler Investitionen in Höhe von drei Milliarden Euro in die Standorte Sindelfingen, Gaggenau und Stuttgart-Untertürkheim. Der Konzern selbst wollte dies aber nicht näher kommentieren. Die Geschäftsentwicklung ist indes positiv: Unterm Strich steigerte Daimler das operative Ergebnis (Ebit) im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent auf 2,5 Milliarden Euro.

Mit ihren Bemühungen sind die Schwaben aber nicht allein: Auch Europas größter Autobauer Volkswagen begegnet der Renditeschwäche seiner Kernmarke VW-Pkw mit einem milliardenschweren Sparprogramm. Ziel ist es, schrittweise bis 2017 fünf Milliarden Euro jährliches Sparvolumen freizulegen. VW-Chef Martin Winterkorn sprach am Mittwoch zusammen mit Betriebsratschef Bernd Osterloh vor 20.000 Mitarbeitern im Wolfsburger Stammwerk über die Pläne. „Wir müssen die Ärmel hochkrempeln, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte Osterloh laut Mitteilung. „Schon jetzt ist klar, dass es an dem einen oder anderen Punkt auch richtig krachen wird.“

Wie passen die Sparprogramme zu den Rekordgewinnen? Weil die deutsche Autoindustrie und die Autoindustrie in Deutschland nicht ein und dasselbe sind. So bringt es Branchen-Analyst Eric Heymann von der Deutschen Bank in einer Studie auf den Punkt. Das Wachstum der Branche hängt am Ausland – speziell an China und den USA, wo jeweils mehr Autos verkauft werden als in ganz Europa. Dort und nicht in der Heimat bauen die Deutschen ihre neuen Fabriken auf und aus.

So stieg die Zahl der im Ausland produzierten Autos deutscher Hersteller zwischen 2000 und 2013 um mehr als 130 Prozent – die heimische Produktion kletterte dagegen nur um sechs Prozent, zuletzt gab es sogar Jahre der Stagnation. Seit 2009 bauen die deutschen Hersteller mehr Wagen außerhalb der Heimat als in Deutschland. Und ein Ende dieser Umverteilung ist nicht absehbar. Durch die vielen Werke in Übersee steigen die Exporte aus der Heimat kaum noch. Die Absatzflaute in Europa verschärfte den Trend, auf dem ganzen Kontinent sackte die Produktion ab. Zu Hochzeiten gab es rechnerisch zehn Werke zu viel in Europa – Ford, Peugeot und Opel schlossen Fabriken.

Aber steht somit auch der Standort Deutschland auf der Kippe? Das Image „Made in Germany“ gehört schließlich zum Erfolgsrezept gerade für Autos mit Premium-Anspruch. Forschung und Entwicklung laufen großteils hier – auch wenn schon Labore in China öffnen. Analyst Heymann zumindest rechnet bis 2025 mit einer stabilen Produktion in Deutschland. Mit einer kleinen Einschränkung: 25 Prozent Risiko für einen spürbaren Rückgang sieht auch er – mit allen negativen Folgen.