Gläubiger verlieren bis 70 Prozent. Ex-Firmenchef Rodbertus scheitert mit Machtübernahme gegen Insolvenzverwalter. Bundesjustizminister will Anlageskandale wie den von Prokon künftig verhindern.

Hamburg. Für Carsten Rodbertus, den Ex-Chef des insolventen Windparkbetreibers Prokon, ist die Gläubigerversammlung in Hamburg zum Debakel geworden: Sein Versuch, den Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin absetzen zu lassen und indirekt wieder die Macht bei Prokon zu übernehmen, ist gescheitert.

Noch vor Beginn der Versammlung, zu der mehr als 5000 geschädigte Anleger in eine Halle der Hamburg Messe gekommen waren, schloss das zuständige Amtsgericht Itzehoe die Stimmrechte von rund 15.000 Gläubigern, die ihre Rechte auf den Rodbertus-Vertrauten Alfons Sattler übertragen hatten, von der Abstimmung aus. Nach stundenlanger Beratung erhielt der Insolvenzverwalter um 18.30 Uhr fast einstimmig den Auftrag, einen Sanierungsplan zu erarbeiten. Nach Schätzung Penzlins werden die Anleger 40 bis 70 Prozent ihres Kapitals verlieren.

Das Gericht betrachtete Sattler als Strohmann von Rodbertus. Dieser dürfe wegen eines Interessenkonflikts keine Gläubiger im Insolvenzverfahren vertreten, sagte Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, der zusammen mit anderen Anlegerschützern den Stimmrechtsausschluss beantragt hatte. Die Interessenkollision ergebe sich daraus, dass Penzlin angekündigt habe, er prüfe Schadenersatzansprüche gegen Rodbertus. Dabei könne es um Hunderte Millionen Euro gehen. Somit habe Rodbertus ein „überragendes finanzielles Interesse“ daran, das Insolvenzverfahren selbst zu beherrschen.

Mit der Entscheidung des Gerichts seien 15.000 Gläubiger „praktisch rechtlos“, sagte der Anwalt Dieter Graefe, der nach eigenen Angaben 5000 dieser Anleger vertritt. Er sprach von einem „verfassungswidrigen Vorgehen“. Der Eklat wäre nach Auffassung des Anlegeranwalts Julius Reiter jedoch gar nicht nötig gewesen: Von dem ursprünglich zu der Versammlung angemeldeten Gläubigerkapital in Höhe von fast 900 Millionen Euro entfielen weniger als 200 Millionen auf das Rodbertus-Lager.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will Anlageskandale wie den von Prokon künftig verhindern. Verbraucher müssten die Risiken erkennen können, sagte er dem „Tagesspiegel“. Es werde strengere Vorgaben für Verkaufsprospekte und die Werbung für Vermögensanlagen geben. Prokon hatte sich durch den Verkauf von Genussscheinen an 75.000 Anleger finanziert.