Karlsruhe. Kunden alter Lebensversicherungen können ihre einbezahlten Prämien nicht Jahre nach Vertragsschluss plötzlich zurückverlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden. Demnach verhalten sich Versicherungskunden „treuewidrig“, wenn sie jahrelang anstandslos einbezahlt haben und dann den Vertrag rückgängig machen wollen, obwohl sie von Anfang an über ihre Rechte Bescheid wussten.

Die Richter wiesen die Klage eines Kunden ab, der seine 1998 abgeschlossene Lebensversicherung bei der Zurich Deutscher Herold 2004 gekündigt hatte. Erst 13 Jahre später erklärte er seinen Widerspruch gegen den Vertrag und verlangte 2011 alle eingezahlten Prämien zurück. Er habe sich widersprüchlich verhalten, hieß es. Der Kunde habe die ihm zustehende gesetzliche Widerspruchsfrist verstreichen lassen und jahrelang eingezahlt. Seine Rechte habe er von Anfang an gekannt, denn er sei von seiner Versicherung vorschriftsmäßig aufgeklärt worden. Jetzt könne er nicht die Rückzahlung der Prämien verlangen.

In dem Verfahren ging es um Verträge, die zwischen 1994 und Ende 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen wurden. Dabei erhielt der Kunde sämtliche Unterlagen erst mit dem Versicherungsschein. Das Widerspruchsrecht erlosch zwei Wochen nachdem der Versicherte vorschriftsmäßig über seine Rechte belehrt worden war.

Der Anwalt des Klägers hatte argumentiert, die Verträge seien allesamt unwirksam, da sie gegen EU-Recht verstießen. Dieses habe bereits in den 90er-Jahren eine viel frühere Information des Verbrauchers als bei der Übersendung des Versicherungsscheins vorgesehen. Ein Widerruf sei daher jederzeit möglich.

Dem folgten die BGH-Richter nicht. Der Vertrag sei wirksam zustande gekommen, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. Der Senat sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass Europarecht dem Policenmodell entgegenstehe. Der abgeblitzte Kläger hatte sich von einer nachträglichen Unwirksamkeit eine höhere Rückzahlung versprochen. Dann hätte der Versicherer ihm alle gezahlten Beiträge rückerstatten müssen und nicht wie bei einer gewöhnlichen vorzeitigen Kündigung die Verwaltungs- und Vertriebskosten abziehen dürfen. Zurich zahlte ihm nur den Rückkaufswert von 12.480 Euro – 4640 Euro weniger als die Summe der bis dahin eingezahlten Prämien. Die Differenz verlangte der Mann nun zurück, blieb aber erfolglos. (Az: IV ZR 73/13).