Aufsichtsratschef kündigt schmerzhafte Einschnitte an. Auch Zentrale betroffen

Essen/Hamburg. Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl stimmt die 17.000 Mitarbeiter der angeschlagenen Warenhauskette auf tiefe Einschnitte in das Filialnetz ein. Es gebe zwar noch keine konkreten Schließungsbeschlüsse, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Aber das Unternehmen macht sich seit einiger Zeit berechtigte Sorgen um die Profitabilität von mehr als 20 Häusern.“ Das entspricht etwa einem Viertel der bundesweit 83 Karstadt-Häuser. In Hamburg gibt es neben dem Alsterhaus und drei Sport-Häusern noch sieben Karstadt-Filialen.

„Es wird schmerzhafte Einschnitte geben müssen, um dem gesunden Kern eine Zukunft zu geben“, betonte Fanderl. Mit Sparrunden sei auch in der Essener Hauptverwaltung und in der Logistik zu rechnen. „Es ist klar, dass Karstadt in der derzeitigen Situation alles auf den Prüfstand stellen muss“, so Fanderl. „Die Kraft der Karstadt-Filialen, zu hohe Zentral- und Logistikkosten zu tragen, ist genauso begrenzt wie die Fähigkeit, auf Dauer eine zu große Zahl unprofitabler Standort zu betreiben.“

An der Ladenkasse verdient Karstadt weiterhin keinen Cent

Das Management arbeite mit Hochdruck daran, dem Aufsichtsrat und den Arbeitnehmergremien „zeitnah“ ein umfassendes und belastbares Sanierungskonzept vorzuschlagen. Mit allen Vertragspartnern des angeschlagenen Warenhausunternehmens sollen Gespräche geführt werden.

Mit dem Warenkreditversicherer des Unternehmens sei eine Verlängerung des Vertrags um ein Jahr erreicht worden. Damit ist das für das Unternehmen besonders wichtige Weihnachtsgeschäft gesichert. Karstadt habe auch genug Liquidität und sei handlungsfähig, versicherte Fanderl. Karstadt verdiene aber „über die Ladenkasse noch immer kein Geld“.

Konzernchefin Eva-Lotta Sjöstedt, die als große Hoffnungsträgerin galt, räumte bereits nach weniger als fünf Monaten ihren Platz. Sie sehe keine Basis mehr für den von ihr angestrebten Sanierungsprozess, hatte die Schwedin überraschend Anfang vergangener Woche erklärt. Arbeitnehmervertreter zeigten sich schockiert. Ver.di forderte die Eigentümer auf, ihre Pläne auf den Tisch zu legen und zu investieren.

Fanderl sagte, er bedaure den Abgang Sjöstedts. Karstadt habe aber mit Miguel Müllenbach und Kai-Uwe Weitz „erfahrene Geschäftsführer“. Investor Nicolas Berggruen hatte den Karstadt-Konzern im Juni 2010 für den Symbolpreis von einem Euro übernommen. Kritiker werfen dem Eigentümer vor, dem Unternehmen die für eine Sanierung notwendige Finanzspritze bislang versagt zu haben. Die auf Immobiliengeschäfte spezialisierte Finanzgruppe Signa besitzt seit Herbst vergangenen Jahres 75 Prozent an den Premium- und Sportwarenhäusern von Karstadt – darunter das Alsterhaus.