Vorwurf der Preisabsprache. Auch Döllinghareico aus Elmshorn unter Verdacht

Bonn. Millionen Verbraucher in Deutschland haben offenbar jahrelang zu viel Geld für Wurst und Schinken bezahlt. Wegen verbotener Preisabsprachen verhängte das Bundeskartellamt Geldbußen von mehr als 338 Millionen Euro gegen 21 Wursthersteller und zahlreiche Führungskräfte der Branche. Darunter sind mit Döllinghareico aus Elmshorn und Böklunder auch zwei Betriebe in Schleswig-Holstein, wie die Wettbewerbsbehörde mitteilte. Betroffen sind zudem bekannte Marken wie Herta (Nestlé), Meica, Rügenwalder und Wiesenhof. Die Hersteller hätten sich jahrelang über Preisspannen für Produktgruppen wie Brühwurst oder Schinken abgestimmt und beim Handel so höhere Preise durchgesetzt. Sie sollen sich über Jahrzehnte regelmäßig im „Atlantic-Kreis“ getroffen haben, benannt nach seinem ersten Treffpunkt - dem Hamburger Hotel Atlantic.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte: „Die Preisabsprachen wurden über viele Jahre praktiziert.“ Das Gesamtbußgeld erscheine zwar hoch, relativiere sich aber vor dem Hintergrund der großen Zahl der beteiligten Unternehmen, der Kartelldauer und der Milliardenumsätze der Branche. Angaben zur Höhe der einzelnen Bußgelder machte die Behörde nicht. Die Bandbreite reiche von wenigen Hunderttausend Euro bis hin zu hohen Millionenbeträgen, hieß es lediglich.

Mehrere Wursthersteller kündigen bereits juristischen Widerstand an

Im Laufe des Verfahrens hätten elf Unternehmen mit der Behörde kooperiert und schließlich Geständnisse abgelegt, so das Kartellamt. Auf die Spur des Kartells waren die Wettbewerbshüter durch einen anonymen Hinweis gekommen. Zahlreiche Hersteller bestritten die Vorwürfe und kündigten juristischen Widerstand gegen die verhängten Bußgelder an. Dazu gehörten etwa die im Besitz von Clemens Tönnies befindliche Zur-Mühlen-Gruppe, aber auch Nestlé und mehrere kleinere Hersteller. Ein Nestlé-Sprecher sagte. „Wir sind überzeugt, dass die Vorwürfe des Kartellamts ungerechtfertigt sind. Deshalb werden wir beim Oberlandesgericht Düsseldorf Einspruch einlegen, um eine gerichtliche Aufhebung der Entscheidung herbeizuführen.“

Die hohen Strafen zeigen, wie ernst es dem Kartellamt im Kampf gegen verbotene Preisabsprachen ist. Damit stieg die Summe der von der Wettbewerbsbehörde allein in diesem Jahr verhängten Bußgelder auf fast eine Milliarde Euro – ein Rekord. Bislang galt 2003 mit einer Strafe von 660 Millionen Euro gegen Firmen aus der Zementindustrie als Rekordjahr. Davon wurden aber nur gut 400 Millionen Euro rechtskräftig.

Auch andere Branchen bekamen 2014 den Zorn der Behörde zu spüren. In der ersten Jahreshälfte verhängte das Kartellamt gegen Brauereien Geldbußen von 340 Millionen Euro. Auch Zuckerhersteller wurden mit 280 Millionen Euro zur Kasse gebeten.