Ein Jahr nach der Pleite gehen die Ermittlungsbehörden in Saarbrücken und Hamburg dem Verdacht der Insolvenzverschleppung nach. Im Fokus stehen fünf ehemalige Vorstände der Baumarktkette.

Hamburg. Ein Jahr nach der Pleite der Baumarktkette Praktiker ist das Aus des Unternehmens nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungsbehörden in Saarbrücken und Hamburg gingen dem Verdacht der Insolvenzverschleppung nach, sagten die Sprecher beider Staatsanwaltschaften am Donnerstag. Im Auftrag der Saarbrücker Staatsanwaltschaft ist derzeit ein Sachverständiger damit beschäftigt, ein Gutachten zu dem früheren Hamburger Konzern zu erstellen. Er müsse erst einmal herausfinden, ab welchem Zeitpunkt Praktiker reif war für die Insolvenz, sagte der Sprecher der Saarbrücker Behörde. Danach erst lasse sich die Frage beantworten, ob die zu jenem Zeitpunkt zuständige Konzernführung es versäumt habe, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Wann das Gutachten fertig sei, sei noch nicht ganz abzusehen. „Die Staatsanwaltschaft erhofft sich noch im laufenden Jahr erste Erkenntnisse“, sagte der Sprecher.

Bei Praktiker gab es mehrere Wechsel in der Unternehmensspitze

Im Fokus der Untersuchung stehen derzeit fünf ehemalige Vorstände der Baumarktkette. Die Ermittler führten sie derzeit aber nur deshalb als namentlich Beschuldigte, weil gegen sie Anzeigen vorlägen, so der Sprecher. In den vergangenen beiden Jahren vor der Pleite hatte es bei Praktiker mehrere Wechsel an der Spitze gegeben. Wer also letztlich für eine mögliche Verschleppung der Insolvenz verantwortlich zu machen wäre, hängt davon ab, welchen Zeitpunkt der Gutachter für die Insolvenzreife ermittelt.

Neben dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gebe es auch eine Anzeige wegen Untreue. Der Vorwurf stehe im Zusammenhang mit Beraterverträgen, die kurz vor der Pleite der Firma abgeschlossen worden sein sollen. Hinweise, dass wirklich Geld abgezweigt wurde, haben die Ermittler aber bisher noch nicht gefunden.

Genau ein Jahr ist es her, dass der Baumarktkonzern Praktiker Insolvenz angemeldet hatte, in deren Strudel auch die in Hamburg gegründete Tochter-Marke Max Bahr unterging. 15.000 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz, fast 400 Filialen wurden dichtgemacht.

Wie lange die juristische Nachlese einer so großen Konzernpleite dauern kann, zeigt der Fall der Drogeriemarktkette Schlecker. Deren Insolvenzantrag liegt bereits zweieinhalb Jahre zurück. Ende Juni 2012 machten die letzten Schlecker-Läden dicht, zwei Monate später die letzten Filialen der Tochtermarken Schlecker XL und Ihr Platz. Seit exakt zwei Jahren ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen der Pleite des Einzelhandelimperiums gegen Unternehmensgründer Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte. Es geht ebenfalls um den Verdacht der Insolvenzverschleppung, außerdem um Untreue und Bankrott. Das Ermittlungsverfahren „ist sehr, sehr umfangreich“, sagte die Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. „Das Ende ist nicht absehbar.“ Bei der Pleite der Drogerieketten hatten insgesamt fast 30.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren.