Die Teams von Taucher Frey sind rund um die Uhr für Reparaturen und Bauarbeiten einsatzbereit

Hamburg. Mitternacht. Vor wenigen Minuten ist der Schlusspfiff im spektakulären WM-Halbfinale Deutschland gegen Brasilien ertönt. Das Mobiltelefon von Stefan Frey klingelt. Am Apparat meldet sich nicht etwa ein guter Kumpel in Feierlaune, sondern ein Notfall. Beim Schiffshebewerk Scharnebeck bei Lüneburg steckt ein Binnenschiff im Trog auf halber Höhe fest. Ursache unklar. „Können Sie uns helfen?“, schallt es aus dem Handy. Und die Antwort kommt prompt: „Na klar, wir sind gleich da.“

Für Stefan Frey sind Anrufe zu nachtschlafender Zeit nichts Ungewöhnliches, sondern gehören mindestens einmal die Woche zum Geschäft. Frey ist Berufstaucher und leitet seit gut einem Jahr ein eigenes Tauchunternehmen. Die Taucher Frey GmbH ist auf Unterwassereinsätze für Reeder, Werften, Schlepper, Bauunternehmen, Schifffahrtsämter und Hafenfirmen spezialisiert. Sie erledigen Schiffsreparaturen, Spundwandsanierungen, Bergungen, Montagen, Spül- und Saugarbeiten, Schiffsbodenuntersuchungen bis hin zu Reparaturen und Ultraschallmessungen unter Wasser.

„Wir bieten unseren Service rund um die Uhr an – also 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche und das an 365 Tagen im Jahr“, sagt Frey und schaut, während er dies sagt, selbst ein wenig überrascht über sein kundenfreundliches Fulltime-Angebot. „Flexibilität und Zuverlässigkeit haben bei uns oberste Priorität, auch wenn das Privatleben dabei nur noch eine Nebenrolle spielen kann und manche private Verabredung leider platzen muss oder auch Fußballabende ein abruptes Ende finden können.“

Frey ruft an diesem frühen Morgen sofort zwei Tauchkollegen an, die er für den Einsatz braucht. Um 1.50 Uhr trifft das Dreierteam vor Ort ein. Frey selbst springt ins Wasser, taucht die Trogbereiche ab und entdeckt eine stark verbogene Steigleiter, die sich im Dichtungsbereich des Trogtors verklemmt hat. Er zieht sie mit einem Drahtseil und viel Kraft unter Wasser heraus. Um 3.30 Uhr ist das Problem behoben. Das Hebewerk läuft wieder, das Binnenschiff kann seine Fahrt fortsetzen. Das Trio hat Feierabend.

Frey gönnt sich zu Hause, wo er gegen 5 Uhr früh ankommt, noch einen kleinen Powerschlaf, bevor er um 8 Uhr wieder sein lichtdurchflutetes Büro am Köhlbranddeich mit wunderbarem Blick auf die Elbe betritt, um neue Aufträge entgegenzunehmen, Mitarbeiter einzusetzen und laufende Bauarbeiten im Hafen zu koordinieren. Den wenigen Schlaf sieht man ihm nicht an. Der 38-Jährige ist gut gelaunt, freundlich und tatendurstig.

Stefan Frey ist seit 14 Jahren professionell als Taucher im Einsatz. Zunächst bei der Marine, wo er auch zum Maschinenbaumechaniker ausgebildet wurde, danach bei verschiedenen Privatfirmen als Taucher und Einsatzleiter. Der staatlich geprüfte Taucher leitete Sanierungen von Talsperren, befreite unzählige Rohre, Ruderblätter und Schiffsschrauben von Unrat, führte Ultraschallmessungen an Spundwänden durch, beseitigte Hindernisse und vieles mehr. Nichts, was nicht geht. „Unter Wasser wird geschweißt, gebohrt und repariert. Alles, was gute Techniker ausführen, erledigen wir unter Wasser, allerdings mit wassertauglichen Werkzeugen und Geräten.“

Frey hat die Liebe zum Tauchen als Teenager in Urlauben in Ägypten und Kenia für sich entdeckt. „Nur Fische anschauen war mir zu langweilig. Ich wollte etwas Praktisches mit dem Tauchen verbinden.“ Insofern ist er bei seinem Traumberuf gelandet, „den ich niemals aufgeben möchte“. Bis zu 55 Meter tief ist er schon getaucht, dort wo Wasser nur noch vier Grad Celsius misst und kein Licht durchdringt. Auch als Chef sieht sich der Familienvater aus Trittau nicht nur in Leitungsfunktionen, sondern ist und will auch in Zukunft regelmäßig aktiv bei Einsätzen dabei sein. „Ein Chef muss schließlich auch wissen, wovon er redet.“

Hohe Professionalität ist Stefan Frey wichtig. Rund eine halbe Million Euro investierte er mit Unterstützung der Hamburger Sparkasse in die Ausrüstung seines Unternehmens. Denn Tauchen erfordert beste und damit teure Materialien. „Ich wollte gleich auf hohem Niveau beginnen“, sagt Frey. Dazu gehören Neoprentrockenanzüge, die auch bei Kälte lange die Körpertemperatur halten, Taucherhelme mit Kamera, Licht und Luftanschluss, ein Hochdruckkompressor für die Pressluft zum Tauchen, hydraulische und pneumatische Werkzeuge, Unterwasservideo, ein Boot für Wassereinsätze und einen Transporter für Zugänge von Land aus. Alles Kaufmännische regelt seine frühere Kollegin und Betriebswirtin Sabine Hahn-Nicol, 55, die mit ihm die Taucher Frey GmbH gemeinsam führt.

Insgesamt ist das junge Start-up-Team sehr zufrieden. Vom Start weg wurden sie gut gebucht und übertrafen schon nach wenigen Monaten ihr selbst gestecktes Ziel deutlich. „Wir haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres so viel Umsatz gemacht, wie er für das Gesamtjahr 2018 geplant war.“ Taucher Frey hat derzeit drei fest angestellte Taucher und engagiert zusätzlich regelmäßig bis zu 35 freiberufliche. „Der Jahresumsatz liegt jetzt im sechsstelligen Bereich, das Unternehmen ist in der Gewinnzone“, sagt Frey. Allerdings würde jeder Cent wieder in den Ausbau der Firma gesteckt.

Gute Taucher müssen teamfähig, belastbar und fachkompetent sein

Frey ist mit seinen Teams vor allem in norddeutschen Häfen aktiv – insbesondere in Hamburg, Bremerhaven, Cuxhaven und Wilhelmshaven. Die Sicht unter Wasser im Hafen ist oft sehr eingeschränkt, zum Teil geht sie gegen null. „Das macht aber nichts. Wir können Tag und Nacht auch ohne Sicht arbeiten, da wir immer helle LED-Lampen dabei haben“, erläutert Frey. Reichen die Lampen nicht, helfen der gute Tastsinn und die Erfahrung der Taucher. Auch sonst verlangen die flexiblen Einsätze allen Mitarbeitern große Disziplin ab. So trinkt Stefan Frey generell keinen Alkohol, um zu jeder Zeit für Tauchgänge bereit zu sein.

Getaucht wird immer in Dreierteams – ein Taucher ist alleine im Wasser, steht aber mit dem Signalmann, einem Reservetaucher, an Deck, der auch die Luftversorgung kontrolliert sowie einem Einsatzleiter in Sprechkontakt. Über die Helmkamera des Tauchers, der im Schnitt bis zu drei Stunden im Wasser arbeitet, kann das Geschehen unter Wasser über einen Monitor auch an Land verfolgt werden. „Wir wollen damit unsere Arbeit auch für die Kunden transparent machen.“

Die Taucherszene im Norden ist klein. „Wir möchten nur mit sehr guten Tauchern arbeiten“, sagt Frey. Qualität misst er an Teamfähigkeit, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit und Fachkompetenz. „Und an erster Stelle steht das Vertrauen.“ Das Alter spiele keine Rolle. „Auch über 60-Jährige können noch Toptaucher sein. Sie verfügen zudem über einen großen Erfahrungsschatz.“

In Zukunft will das Team auch in die Kampfmittelsondierung im Hamburger Hafen einsteigen. Bei Neubauten sei die vorherige Suche nach Granaten und Minen ein Muss und entsprechend ein gutes Geschäftsfeld, ist Frey überzeugt. Auch für Privatleute würden die Taucher ins Wasser steigen, um zum Beispiel verlorene Eheringe oder Uhren zu suchen. Nur nach Leichen will Stefan Frey niemals tauchen müssen: „Den Anblick möchte ich mir und meinen Mitarbeitern ersparen.“