Sachverständige sagt zur Finanzlage aus. Weiter Streit um Verfahrensfragen

Hamburg. Im Verfahren gegen den früheren Chef und Eigentümer des Hamburger Fondshauses Wölbern Invest, Heinrich Maria Schulte, wurde am Dienstag erstmals eine Zeugin gehört. Nach Aussagen der Sachverständigen Ulrike Kurz war die Liquiditätslage der Wölbern Invest KG schon in den Jahren 2010 und 2011 sehr kritisch. „Das Unternehmen befand sich in einer akuten Ertrags- und Liquiditätskrise, und es gab zwei Sanierungskonzepte“, sagte Kurz vor dem Landgericht Hamburg. Ähnlich kritisch sei die Lage der Wölbern Group KG gewesen, die die haftende Gesellschafterin der Wölbern Invest war. Schulte wird gewerbsmäßige Untreue in mehr als 300 Fällen vorgeworfen. Den Publikumsfonds der Wölbern Invest soll er 147 Millionen Euro entzogen und zweckwidrig verwendet haben. Betroffen sind rund 35.000 Anleger.

Die Sachverständige war während der Ermittlungen gegen Schulte bei der Staatsanwaltschaft Hamburg beschäftigt und sollte die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe analysieren. Aus eigener Kraft sei die Wölbern Group nicht in der Lage gewesen, die Wölbern Invest KG zu unterstützen. So habe die Liquidität der Wölbern Invest Ende 2012 nur noch 18.000 Euro betragen. Dennoch habe es eine gegenseitige Kreditgewährung gegeben.

Nach Einschätzung der Sachverständigen mussten Gelder zur Fortführung des Unternehmens von außen kommen. Das habe sie aber nicht untersucht. Einige Anleger mutmaßten schon im Jahr 2012, dass es sich dabei um liquide Mittel aus den Immobilienfonds handeln soll und stellten eine Anzeige. Im September 2013 wurde Schulte verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Alle Firmen des Mediziners, darunter auch der Medizinverbund Endokrinologikum, sind in der Insolvenz. Schulte selbst hat Privatinsolvenz beantragt.

Mit ihren Anträgen zur Befangenheit des Gerichts, zur Aussetzung des Verfahrens wegen nicht ausreichender Zeit für die Sichtung des umfangreichen Aktenmaterials und der Aufhebung des Haftbefehls sind die drei Verteidiger Schultes bisher gescheitert. Alle drei Anträge wurden von der Kammer zurückgewiesen. Der Vorsitzende Richter hatte der Verteidigung vorgeworfen, den Befangenheitsantrag zu spät gestellt zu haben, weil die Vernehmung des Angeklagten bereits begonnen habe. Dem widersprach Verteidiger Wolf Römmig. Es habe lediglich eine Präsenzfeststellung aller am Verfahren beteiligten Personen gegeben, aber keine Vernehmung des Angeklagten zu den persönlichen Verhältnissen. Die Verteidigung wirft dem Richter vor, die klare Trennung beider Punkte bewusst unterlassen zu haben, um so mögliche Befangenheitsanträge leichter ablehnen zu können.