Commerzbank-Studie: Mittelständler in der Hansestadt investieren zu wenig in die Zukunft – und klagen über Bürokratie

Hamburg. Hamburg muss mehr tun, um Industriefirmen anzuziehen, denn vor allem sie sind es, die in Zukunftsprojekte investieren. Dies ist eines der Ergebnisse einer Studie der Commerzbank. Demnach investieren im Verarbeitenden Gewerbe 14 Prozent der Firmen mehr in Wachstum als in den Substanzerhalt, in allen anderen Branchen ist der Anteil geringer. „Die Politik in Hamburg hat zwar mit der Gründung von Technologieclustern den richtigen Weg beschritten, aber es kommt nun für die Metropolregion darauf an, mehr innovative Industriebetriebe anzuziehen“, sagt Uwe Borges, als Gebietsfilialleiter der Commerzbank in Hamburg verantwortlich für das Mittelstandsgeschäft.

Weil Gewerbeflächen in der Hansestadt knapp sind, komme es dafür auf mehr Geschlossenheit der Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen an. Auf der Ebene der Wirtschaftsverbände hätten der UVNord und der AGA gezeigt, dass eine länderübergreifende Zusammenarbeit funktionieren kann.

Insgesamt tun Mittelständler in Hamburg der Studie zufolge zu wenig für ihre Zukunftssicherung. Nur zehn Prozent der kleineren und mittelgroßen Unternehmen in der Hansestadt investieren demnach mehr in Wachstum als in den Erhalt der Substanz, im bundesweiten Schnitt hingegen sind es 14 Prozent. Dies ergibt sich aus einer Umfrage von TNS Infratest im Auftrag der Commerzbank unter mehr als 4000 Firmen, darunter 119 in Hamburg, und rund 70 Volkswirtschaftlern an deutschen Hochschulen.

Während 72 Prozent der befragten Unternehmensleiter in Hamburg und ungefähr ebenso viele im Bundesschnitt der Auffassung sind, bei den Wachstumsinvestitionen werde getan, was sinnvoll und notwendig ist, sehen die Experten dies anders: 54 Prozent der Ökonomen meinen, die Investitionen seien nicht ausreichend.

„Es müsste mehr getan werden, um Deutschland auf dem Erfolgskurs zu halten“, sagt Borges. Für die besondere Zurückhaltung der Hamburger Betriebe hat er eine Erklärung: „Ein hanseatischer Kaufmann ist im Wirtschaftsleben ein konservativer Mensch. Das ist einerseits eine Stärke, es kann aber auch dazu führen, dass man Chancen verpasst.“

Doch es könnte noch einen anderen Grund für die geringere Investitionsneigung geben: „Komplexe behördliche Genehmigungsprozesse“ werden von 40 Prozent der Firmenleiter aus der Hansestadt als Hemmnis genannt, deutschlandweit sind es 36 Prozent. „Das ist ein Alarmsignal“, so Borges. In Kundengesprächen höre er, dass die Genehmigungsverfahren bei gewerblichen Immobilienprojekten, aber auch bei der Planung von Industrieanlagen „sehr anstrengend“ seien.

Überraschend findet der Banker, dass immerhin 33 Prozent der Hamburger Mittelständler ihre Investitionszurückhaltung mit der „angespannten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens“ begründen; im Bundesschnitt führen nur 26 Prozent der Betriebe dies als Erklärung an. „Ich sehe in meiner Berufspraxis sehr viele Bilanzen und kann nur sagen: Das sind Klagen auf ganz hohem Niveau“, merkt Borges dazu an. Derartiger Pessimismus sei nicht durch Tatsachen gerechtfertigt. Schließlich habe die Eigenkapitalquote im deutschen Mittelstand seit dem Jahr 2000 von durchschnittlich 8,5 Prozent auf 27,5 Prozent zugenommen.

Dies hat allerdings auch Folgen für die Kreditinstitute: 71 Prozent der Hamburger Betriebe möchten Investitionen möglichst ohne Fremdkapital von Banken oder Sparkassen tätigen, deutschlandweit würden dies 66 Prozent der Unternehmer gern tun.

Erstaunt ist Borges darüber, dass 23 Prozent der Firmen aus der Hansestadt angeben, sie hätten Probleme bei der Finanzierung von Investitionen – mehr als im Bundesschnitt (17 Prozent). „Der Wettbewerb hier ist scharf, und die Nachfrage ist sehr niedrig“, so Borges. Die Commerzbank sei in Hamburg aber gut positioniert. Sie habe in den vergangenen vier Jahren die Erträge im Firmenkundengeschäft jeweils um zehn Prozent und mehr gesteigert, im ersten Quartal 2014 habe das Kreditvolumen um sieben Prozent zugenommen.