Das Unternehmen erzielt das drittbeste Ergebnis seiner Geschichte. Insgesamt rund 25 Millionen Euro für Renovierung der Zentrale in der City Süd.

Hamburg. Seit knapp zweieinhalb Jahren sitzt Hans-Christian Sievers nun auf dem Chefsessel des größten konzernunabhängigen Chemiehändlers in Europa. Verändert hat sich auf den ersten Blick eine Menge – zumindest im Büro des Vorstandsvorsitzenden der Helm AG. Während hier früher seltene Briefmarken in edlen Rahmen an den weiß gestrichenen Wänden hingen, weil Sievers’ Vorgänger Dieter Schnabel ein leidenschaftlicher Briefmarkensammler war, hat sich der neue Vorstandschef für moderne Bilder der Künstlerin Jasmin Hilmer entschieden, die ihr Atelier in Norderstedt hat. Hamburger Motive mit Acrylfarben auf Leinwand gebracht – modern kombiniert mit kleinen Ausschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften. „Das hat mir sofort gefallen“, sagt Sievers über seine erste Begegnung mit dieser besonderen Kunstform.

Doch nicht nur der Wandschmuck im Inneren des Gebäudes an der Nordkanalstraße ist ein anderer geworden. Auch von außen erstrahlen die beiden Bürogebäude mit dem roten Firmenlogo in frischem Weiß – und eine geschlossene, futuristisch anmutende Brücke verbindet die Mitarbeiter diesseits und jenseits der Nordkanalstraße. „Man sieht sich jetzt häufiger, scheut nicht den Weg über die viel befahrene Hauptstraße“, sagt Sievers. Diese Aussage passt zu dem 50-Jährigen, der im Gespräch mit dem Abendblatt immer wieder betont, wie wichtig ihm als Manager das „Teamplaying“ ist. Sievers ist bereits seit seiner Ausbildung bei Helm und hat sich bis auf den Chefsessel hochgearbeitet. Dafür ausgewählt hat ihn Eigentümer Dieter Schnabel, der Ende 2011 das Amt des Vorstandsvorsitzenden aufgab und seitdem den Aufsichtsrat des Unternehmens leitet.

Für 2012 konnte Sievers aus betriebswirtschaftlicher Sicht bereits Rekorde über Rekorde vorweisen. Der Umsatz stieg, der Gewinn explodierte – nicht zuletzt wegen bilanztechnischer Sondereffekte. Aber auch für das vergangene Jahr lassen sich die wichtigsten Kennziffern mehr als nur sehen. Der weltweite Umsatz verharrte mit 9,7 Milliarden Euro (minus drei Prozent) beinahe auf dem Rekordwert von 2012. Das Konzernergebnis nach Steuern war mit 82,2 Millionen Euro immerhin das drittbeste der langen Firmengeschichte. Der starke Euro machte dem Unternehmen, das unter anderem mit Basis-chemikalien, Dünger, Arzneimitteln und Vitaminen handelt, im vergangenen Jahr allerdings zu schaffen – und auch die „mangelnde Zugkraft“ der chinesischen Wirtschaft, wie Sievers sich ausdrückt, bereitete Sorgen.

Die ersten drei Monate 2014 seien „sehr gut“ gelaufen, so der Vorstandschef. Deshalb erwartet er für das Gesamtjahr auch einen Umsatz „in etwa auf Vorjahresniveau“ und sogar ein besseres Ergebnis als 2013. Mittelfristig ist für Sievers klar, muss vor allem das Geschäft mit Asien ausgebaut werden. Derzeit erwirtschaftet die Helm AG dort rund 14 Prozent ihres Gesamtumsatzes. „Bis zum Jahr 2020 sollten wir uns dort auf die 25-Prozent-Marke zubewegen“, sagt er.

Vor allem China, aber auch die zehn südostasiatischen ASEAN-Staaten hat Sievers bei seinen Wachstumsplänen im Visier. In dieser Region – aber auch in anderen Teilen der Welt – kann er sich sogar strategisch sinnvolle Zukäufe von Händlern vorstellen. Erst kürzlich hatte die Helm AG die Übernahme des spanischen Säuren- und Laugenhändlers Geblasa bekanntgegeben, um seine starke Position im Mittelmeerraum auszubauen.

Je mehr Wachstum die Helm AG schafft, desto sicherer dürften auch die Arbeitsplätze in der für rund 25 Millionen Euro renovierten Unternehmenszentrale in der City Süd sein. Immerhin 634 der weltweit 1431 Beschäftigten arbeiten in der Hansestadt. Und die niedrige Fluktuationsrate von 5,5 Prozent (bundesweiter Schnitt: 14 Prozent) nimmt Sievers als Beleg für die „hohe Mitarbeiterzufriedenheit“. Der eigene Betriebskindergarten und die beschlossene Erweiterung und Modernisierung der Kantine nennt der Chef als zwei mögliche Gründe für die hohe Loyalität der Beschäftigten zu ihrem Unternehmen. Auch an die Zukunft denkt Sievers: 63 Nachwuchskräfte machen derzeit eine Ausbildung bei dem Hamburger Familienunternehmen.

Nach 28 Monaten an der Spitze der Helm AG zieht Sievers für sich eine „positive Zwischenbilanz“. Der größte Unterschied zu seiner vorherigen Arbeit als einfaches Vorstandsmitglied sei die „große Verantwortung“, die er nun trage. Daran habe er sich zunächst gewöhnen müssen. Sievers spricht von einem „klasse Vorstandsteam“ und lobt darüber hinaus explizit seinen Vorgänger, den heutigen Aufsichtsratschef und Eigentümer Dieter Schnabel. Er lasse ihn ohne jegliche Einflussnahme arbeiten. „Da gibt es andere Eigentümer, bei denen das nicht so unkompliziert läuft“, sagt Sievers. Einmal im Monat setze er sich mit Schnabel zusammen und spreche über das Geschäft. „Sein Ratschlag ist mir wichtig“, so Sievers.

Zu meckern dürfte Dieter Schnabel bisher ohnehin wenig gehabt haben, denn die Eigenmittel des Unternehmens sind allein im vergangenen Jahr um 33 Millionen auf 625 Millionen Euro gestiegen. Die Eigenkapitalquote von 44,4 Prozent ist mittlerweile so hoch, dass Banker bereits zu riskanten Geldanlagestrategien raten, um die Zinserträge zu steigern. Doch Sievers und Schnabel sind sich einig: Das Wichtigste für die Helm AG ist ihre Unabhängigkeit, der Fortbestand als selbstständiges Familienunternehmen. Und ein ordentliches und sicheres Finanzpolster ist dafür der beste Garant.