Jahnke Süßwaren gilt als ausgesprochen innovativ in der Branche. Für neue Bonbons forschen die Chefs jahrelang

Kaltenkirchen. Es duftet nach Karamell, an der Wand stehen handgeschmiedete glänzende Kupferkessel, doch Eric Jahnke, 24, in weißem Kittel, mit frisch desinfizierten Händen und einer weißen Schutzhaube auf dem Kopf, winkt beim Blick auf das museumsreife Interieur im Flur der Fabrik ab. „Die Kessel will mein Vater hier am liebsten gar nicht mehr sehen“, sagt der Junior und steuert auf die nächste Produktionshalle zu.

Bonbons kochen wie zu Großmutters Zeiten ist für die Jahnkes schon lange kein Thema mehr. Die Anfänge der Firma auf einem Hinterhof in Altona vor 40 Jahren sind lange her, eine stetige Expansion hat den Umzug 1989 nach Kaltenkirchen nötig gemacht.

Bei den Zutaten bleibt die Familie zwar beim Bewährten. Die Mitarbeiter schmelzen guten alten Zucker statt des günstigeren Glukosesirups, sie tauchen die Lollis in belgische Kuvertüre statt in billigen Kakao. Aber mit ihren riesigen Maschinen aus glänzendem Edelstahl, den Arbeitsplatten sauber wie OP-Tische und den digitalen Steueranlagen mutet die Fabrik in den meisten ihrer Hallen wie ein Hightech-Produktion aus der Industrie an. Die Herstellung der Lakritze, Salmiakbrocken, Himbeer- oder Eukalyptusbonbons ist in der modernen Zeit angekommen, ihr teilweise sogar etwas voraus.

Die Rudi Jahnke Süßwaren e. K. ist heute ein mittelständischer Familienbetrieb, aber der muss sich im harten Wettbewerb um Innovationen bewähren. Immerhin beliefert die Firma mit Sitz gute halbe Stunde nördlich von Hamburg Abnehmer wie Edeka und Rewe. Die mächtigen Geschäftspartner erwarten eine pünktliche Lieferung, Tonnen von Bonbons zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Als kleinerer Anbieter die großen Handelskonzerne zufriedenzustellen, ist kein Zuckerschlecken. Zumal diese immer wieder Neuheiten verlangen, die den Verbraucher zum Griff in das Süßwarenregal verführen sollen. „Das ist unser Kautoffee, der nicht an den Zähnen klebt“ präsentiert Eric Jahnke einen kleinen hellbraunen Brocken, den er vom Laufband der neuesten Maschine nimmt. Mehrere Millionen Euro hat Senior Heinz Jahnke für die Anlage ausgegeben, hat sie gemeinsam mit einem bekannten Maschinenhersteller über Jahre entwickelt. „Die Anlage ist ein Einzelstück“, sagt Eric Jahnke stolz.

In der Branche ist der Betrieb als Vorreiter im Maschinenbau bekannt, internationale Gäste kommen nach Kaltenkirchen, um in Sachen Technologie zu lernen. Für Konkurrenz aus Deutschland, etwa die Marktführer Storck oder Haribo, sind die Werkstore dagegen dicht wie ein Tresor, die modernen Bonbonmaschinen sind Betriebsgeheimnis.

Aber auch das Kautoffee kommt erst in diesen Tagen in den Handel und ist eine echte Neuheit. Bei den Naschwaren sichern kreative Erfinder genauso den Fortbestand einer Fabrik wie in anderen Produktionen, nur echte Innovationen versüßen das Geschäft. Ein neues Handy muss mehr Funktionen bieten, ein neues Auto sicherer sein, wenn die Kunden mehr Geld dafür ausgeben sollen. Alte Kamellen hingegen bringen keine Gewinne, dann sind schnell Konkurrenten aus Osteuropa zur Stelle und füllen die besten Plätze in den Supermärkten.

„Es ist allerdings auch ein risikoreiches Geschäft“, weiß Rainer Theuer, der sich bestens auskennt: Früher hat er selbst als Einkäufer im Handel gearbeitet und die Preisverhandlungen mit den Herstellern geführt, jetzt hat er die Seite gewechselt und arbeitet bei Jahnke als Vertriebschef. „Nur jedes zehnte neue Produkt bringt einen Erfolg, der Rest wird zum Flop.“

Jahnke leistet sich zudem keine Werbung. Anders als Storck, die bei jeder Familiensendung mit millionenschwerer TV-Werbung für ihre Riesen oder Werther’s Original Lust auf Süßes machen, bietet der Mittelständler keine zusätzlichen Kaufanreize. Nur der Name Jahnke prangt als leicht wiedererkennbares Signal für Qualität groß auf den Bonbontüten.

Investitionen in neue Anlagen sollen die Zukunft der Firma sichern

Die Gewinne fließen in die Produktion, nicht ins Marketing, und diese Strategie ist wiederum der Familie geschuldet. „Bald sollen meine beiden Söhne Eric und Philip von dem Unternehmen leben können, es muss dann immerhin für zwei Familien reichen“, denkt Inhaber Heinz Jahnke, 56, schon mal voraus.

Die Investitionen in die neuen Fertigungstechnologien, aber auch neuer Grund und Boden sollen die Fabrik fit für die Zukunft machen. Die Ausgaben von heute legen den Grundstein für die Zeit, wenn das Unternehmen für die Söhne, heute beide Anfang zwanzig, irgendwann zur Lebensgrundlage wird. Das Gelände, das derzeit 10.000 Quadratmeter umfasst, kann noch einmal um die Hälfte wachsen, die Jahnkes haben gerade ein weiteres Grundstück neben dem Werk erworben. Mit der dritten Generation in der Familie können zudem die Produktionsvolumina erheblich gesteigert werden. „Diese Anlagen können in Zukunft einen Ausstoß von 1000 Tonnen im Jahr erreichen“, sagt Eric Jahnke.

Doch wer soll der Firma die Berge von Bonbons abkaufen? Die junge Generation hat auch hier schon eine Idee: Bisher war Jahnke hauptsächlich im Norden und in Nordrhein-Westfalen bekannt, in den Hochburgen für Lakritz, die Süßigkeit, mit der Jahnke groß geworden ist. Bald sollen die Produkte bundesweit im Handel angeboten werden. Das Kautoffee ohne Plombenzieheffekt wird auch südlich der Lakritzgrenze gut ankommen, ist Vertriebschef Rainer Theuer überzeugt.