Frühere Olympiasegler haben mit ihrer Hamburger Firma Konzeptwerft eine Segel-Bundesliga aufgebaut, um den Sport populärer zu machen

Hamburg. Eine Regatta mit gemischten Bootstypen zu verfolgen sei schon kompliziert, sagt Oliver Schwall, auch für ihn selbst. Das will etwas heißen. Schwall, 46, war in den 1990er-Jahren auf dem Bootstyp Tornado Weltmeister und Vizeweltmeister und ist dem Segelsport zeitlebens verbunden. Im System der sogenannten Yardsticks bekommen die unterschiedlichen Bootstypen einen zeitlichen Bonus oder Malus zugeschrieben, damit ihre Leistung vergleichbar wird. „Da geht dann ein Boot als Erstes durchs Ziel, das am Ende Neunter oder Zehnter wird“, sagt Schwall im Konferenzraum von Konzeptwerft an der Englischen Planke gegenüber dem Michel. „Für die Zuschauer ist das oft kaum nachzuvollziehen.“

Insgesamt ist Segeln kein publikumsnaher Sport, sieht man von Großveranstaltungen wie den spektakulären Duellen des America’s Cup ab oder Olympiarennen, die mit aufwendiger Technik übertragen werden. Oft aber finden Regatten weit vom Ufer entfernt statt wie bei der Kieler Woche, oder sie wirken, etwa auf der Außenalster, wie ein wirres Durcheinander, bei dem Laien sportliche Verstöße oder seglerische Finessen kaum erkennen können. Den Segelsport transparenter, ihn populärer und somit wirtschaftlich nutzbarer zu machen ist eines der Hauptanliegen des Hamburger Unternehmens Konzeptwerft, das Schwall gemeinsam mit seinen drei Co-Gesellschaftern Kathrin Adlkofer, Arne Dost und Jochen Schümann betreibt. Alle vier segelten einst bei Olympia oder bei anderen internationalen Regatten. Der bekannteste von ihnen, Jochen Schümann, fungierte unter anderem auch als Sportdirektor des Teams Alinghi, mit dem er 2003 und 2007 den America’s Cup gewann, die traditionsreichste Regatta der Welt.

Sport und Gesundheit sind die Themen von Konzeptwerft, in Form von Marketing, Beratung und strategischen Beteiligungen. Im Mittelpunkt des Sportgeschäfts steht das Segeln. 2008 gegründet, baute das Unternehmen in enger Kooperation mit dem Deutschen Segler Verband (DSV) das Sailing Team Germany (STG) auf, die deutsche Segel-Nationalmannschaft. Eine Tochterfirma von Konzeptwerft betreut die Marke STG. 2013 ging das Unternehmen an den Vereinsport heran und organisierte die Gründung der Deutschen Segel-Bundesliga. „Entscheidend dabei ist die Vergleichbarkeit“, sagt die promovierte Molekularbiologin Adlkofer, 47, die 1987 und 1989 Weltmeisterin auf 470er- Jollen war. „Jeweils sechs baugleiche Boote mit exakt gleicher Trimmung fahren bei jeder Bundesliga-Regatta gegeneinander. Hier geht es nicht um das beste Einzeltalent, sondern um die beste Mannschaftsleistung – nach absolut transparenten Kriterien.“ Wer als erster durch das Ziel geht, gewinnt.

18 Vereine aus ganz Deutschland fuhren 2013 erstmals die Segel-Bundesliga als Mannschaftswettbewerb aus. Der Norddeutsche Regatta Verein (NRV) in Hamburg wurde Erster. Wegen des großen Andrangs kam in diesem Jahr eine 2. Liga mit ebenfalls 18 Mannschaften hinzu. 58 Vereine meldeten sich zu den Relegations- und Qualifikationsläufen für die beiden Ligen Anfang April auf der Flensburger Förde vor Glücksburg. „Das Konzept geht auf“, sagt der erfahrene Marketingexperte Schwall, „auch in anderen Ländern wie in Dänemark werden nach diesem Vorbild Segel-Ligen etabliert.“

Die wirtschaftliche Basis ist, vergliche mit Massensportarten wie Fußball, fast winzig. Weit weniger als eine Million Euro an Sponsorengeldern werden je Saison eingesetzt. Hinzu kommen Mitgliedsbeiträge der Vereine in den Segel-Ligen von 250 Euro im Jahr und Startgelder zu den Regatten, die je Veranstaltung und Verein 200 Euro betragen. Das genügt, um neue Boote in ganz Deutschland zu den sechs Startterminen der 1. und den drei Austragungstagen der 2. Segel-Bundesliga aufs Wasser zu bringen. Die Vereine stellen Mannschaften für die Boote mit bis zu 20 Mitgliedern. Je vier Segler fahren ein Boot.

Audi ist der Hauptsponsor der Segel-Nationalmannschaft wie auch der beiden Segel-Bundesligen. Neben Partnern wie dem Bekleidungshersteller Marinepool und dem weltweit führenden Segelmacher North Sails wird wohl auch der Softwarekonzern SAP die Segel-Bundesligen unterstützen, etwa mit Übertragungstechnologie für die Regatten. Sieben neue Boote des Typs J 70 fahren für die 1. Liga, sieben Bavaria B One für die 2. Liga. Mittelmann’s Werft in Kappeln an der Schlei, Importeur der J-Boote, stellt die Boote und übernimmt deren Management und Transport während der Saison. Der bayerische Bootshersteller Bavaria stellt und betreut die Flotte für die 2. Liga.

Die Unternehmen setzen minimale Mittel für die Förderung der Ligen ein. Dabei geht es um ein kaufkräftiges Publikum. „Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland segeln in irgendeiner Form, gut zehn Millionen interessieren sich für den Sport“, sagt Schwall. „Die Zielgruppe – gut gebildete, gut verdienende Individualisten – ist unter dem Gesichtspunkt des Marketings sogar noch interessanter als selbst die der Golfspieler.“ Die Sponsoren der Segel-Ligen betreiben Imagewerbung direkt über ihre Produkte, etwa dadurch, dass Audi zu den Regatten Autos für den Transport der Boote zur Verfügung stellt oder dass sich North Sails den teilnehmenden Vereinen und deren Seglern als Ausstatter empfiehlt.

Konzeptwerft will den Segelsport für ein breiteres Publikum erschließen

Konzeptwerft selbst beschäftigt mittlerweile in der Zentrale und in seinen Tochterfirmen gut 50 Mitarbeiter. Umsatz und Gewinn nennen Schwall und Adlkofer nicht. Das Unternehmen sei „profitabel“. Es verdient unter anderem mit der Organisation und Betreuung der Segel-Ligen. Deren Vermarktung will Konzeptwerft in den kommenden Jahren auf ein breiteres Fundament stellen. „Wir können Regatten der Bundesligen bei Großveranstaltungen wie dem Hamburger Hafengeburtstag oder der Kieler Woche laufen lassen, wenn die Veranstalter das wollen“, sagt Adlkofer. „Man hat früher immer versucht, die Zuschauer zum Segeln auf das Wasser zu bringen. Wir bringen das Segeln an Land, durch moderne Übertragungstechnik, aber auch durch attraktive, landnahe Reviere für die Regatten.“

Die Abschlussläufe für die 1. Segel-Bundesliga finden 2014 vom 31. Oktober bis zum 2. November auf der Außenalster statt. Gastgeber ist der NRV. „Das Ligafinale möchten wir direkt in die Hamburger Messehallen übertragen“, sagt Schwall, „dort findet vom 25. Oktober bis zum 2. November die Messe Hanseboot statt.“ Der Deutsche Segler-Verband hat die 1. Segel-Bundesliga kürzlich quasi geadelt – der Sieger der Liga darf sich nun offiziell „Deutscher Meister der Segelvereine“ nennen.