Der Mineralölkonzern lockt mit einem Kindle für häufiges Tanken: Doch die Prämienaktion verspricht bislang offenbar mehr als sie hält

Hamburg. Der Erdölkonzern Shell demonstriert derzeit, wie man im Handumdrehen Zehntausende Kunden verärgert: Eine spektakulär günstige Prämienaktion, mangelnde Abstimmung zwischen IT-Abteilung und Marketing, ein Brückentag mit schlecht besetzter Kommunikationsabteilung – und schon ist das PR-Desaster perfekt.

Im Detail geht das so: Die deutsche Shell-Gruppe hatte seit einigen Wochen in ihren Tankstellen einen Kindle Paperwhite von Amazon als Prämie für Kunden des Punktesammelprogramms Clubsmart beworben. Ab dem 1. Mai sollten sie 999 Clubsmart-Punkte gegen den Kindle eintauschen können. Um 999 Punkte zu sammeln, müssen Kunden entweder 999 Liter Sprit tanken – oder Seiten wie mydealz.com besuchen, auf denen Prämienabsahner Tipps geben. Wer etwa zwei Wochen vor dem 1.Mai lediglich 20 Bounty-Schokoriegel in einer Shell-Tankstelle einkaufte, bekam dank einer Sonderaktion 1000 Punkte gutgeschrieben. 20 Bountys kosten bei Shell 15 Euro. Nie zuvor dürfte ein Kindle Paperwhite – Listenpreis beim Hersteller Amazon 129 Euro – günstiger gewesen sein als bei Shell. An den Tankstellen waren im Aktionszeitraum Bountys schnell ausverkauft.

Über 2600 Kommentare erntete die Kindle-Aktion bereits bei mydealz, auf Twitter wurde die Aktion viral beworben und tausendfach weitergereicht. Shell zog daraufhin die Notbremse. Um einen Ansturm am 1. Mai in den Tankstellen zu vermeiden, verlegte Shell die Aktion um einen Tag und ins Netz: Ab dem 2. Mai um 10 Uhr sollen Clubsmart-Kunden ihre Punkte auf der Shell-Clubsmart-Webseite in Kindles tauschen können. Doch heute war die Shell-Clubsmart-Webseite bereits um 9Uhr nicht mehr erreichbar, sie brach unter dem Ansturm zusammen. Also machten sie ihren Frust in sozialen Netzwerken Luft: Shells Facebook-Seite liest sich wie ein Super-GAU für Social-Media-Experten, auf Twitter wird der deutsche Shell-Account mit Häme überschüttet. Bemerkenswert ist, wie sehr Shells Social-Media-Strategen die Krise verstolpern: Weder auf Facebook noch auf Twitter reagiert der Konzern auf die Proteste der Kunden. Die Erfahrung mit Kommunikationskrisen anderer Unternehmen zeigt: Je länger die PR-Abteilung den Kopf in den Sand steckt, desto fataler ist das fürs Unternehmensimage in den Netzwerken.