Um DAX-Konzerne machen Investoren noch einen Bogen

Frankfurt. Rund um den Globus heizt sich das Klima für Fusionen und Übernahmen auf. Die Konzerne haben nach der Finanzkrise gespart, wenig investiert und große Bargeldreserven angehäuft. Besonders schnell dreht sich das Übernahmekarussell im Telekomsektor und in der Pharmabranche. Doch um deutsche DAX-Konzerne machen Investoren und selbst Gerüchte bislang einen Bogen. Weltweit wechselten in letzter Zeit im Fusionsspiel Milliarden den Besitzer. Anfang April gaben Holcim mit seiner Deutschland-Zentrale in Hamburg und Lafarge bekannt, zum weltgrößten Zementkonzern zusammengehen zu wollen. Die Medikamentenhersteller Novartis und GlaxoSmithKline tauschen Sparten im Milliardenwert. Spekulationen gibt es derzeit um eine Übernahme des Pharmakonzerns AstraZeneca durch den Konkurrenten Pfizer. Jüngstes Gerücht: Der amerikanische Siemens-Rivale General Electric (GE) hat es auf die Franzosen von Alstom abgesehen.

Laut den Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg schwoll das Volumen der geplanten Übernahmen in den ersten drei Monaten 2014 – inklusive gescheiterter Angebote – auf mehr als 750 Milliarden Dollar (580 Milliarden Euro) an. Das ist der höchste Wert für ein Quartal seit knapp sieben Jahren, also kurz vor dem Ausbruch der damals schon schwelenden Finanzkrise.

Die letzte ausländische Übernahme im DAX liegt dagegen weit zurück: Um die Jahrtausendwende verleibte sich der britische Mobilfunker Vodafone den Mannesmann-Konzern für mehr als 200 Milliarden Dollar ein. Zwar ist die Deutschland AG – ein Geflecht aus Beteiligungen deutscher Großkonzerne untereinander – Geschichte, dennoch bleiben die deutschen Industriegiganten nach wie vor gern unter sich. Bayer etwa übernahm 2006 den Schering-Konzern für 17 Milliarden Euro. Bestens in Erinnerung sind auch die Übernahmeschlachten zwischen Porsche und VW sowie bei den Zulieferern Schaeffler und Continental.

Große Erfolgschancen räumen Anlegerschützer feindlichen Übernahmen auch kaum ein. „Bei deutschen DAX-Konzernen wird das schwierig“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er sieht deutsche Großunternehmen gut gewappnet gegen feindliche Avancen. „Bei vielen Unternehmen stoßen Interessenten auf zahlreiche Hürden wie etwa Großaktionäre oder kartellrechtliche Bedenken.“

Für Großaktionäre sind es meist langfristig angelegte Investments. „Einen Kauf von VW oder auch BMW können Sie vergessen“, sagt Kurz mit Blick auf die Eigentümerstruktur. Volkswagen-Stammaktien sind zu 20 Prozent im Besitz des Landes Niedersachsen. Weitere große Anteile sind bei VW im Besitz der Familien Porsche und Piëch. Bei BMW halten Mitglieder der Familie Quandt mit einem Anteil von über 40 Prozent die Zügel in der Hand. Den emotionalen Bezug von Familien zu einem Unternehmen in Geld aufzuwiegen, wird nach Ansicht von Kurz teuer.

Als Übernahmekandidaten sieht der Experte vorwiegend Unternehmen mit hohem Streubesitz. Auch ein hoher Bargeldbestand ziehe Investoren an – damit können sie gleich einen Teil der Übernahmekosten finanzieren. So dürfte der Übernahmeboom wohl zunächst an Deutschlands Topkonzernen vorbeigehen. Manche Firmen sind auch aus profanen Gründen wenig begehrt, etwa weil das Geschäft schlecht läuft.