1,4 Millionen Euro Verlust im ersten Quartal. Modeschmuckanbieter leidet unter der Krise in Südeuropa, weitere Geschäfte geschlossen

Hamburg. Friedrich-Wilhelm Werner war ein Pionier, als er 1963 in Norderstedt einen Laden für bezahlbaren Modeschmuck eröffnete. Vor allem Frauen waren begeistert von den Armbändern, Halsketten oder Ringen, die Werner damals teilweise noch von Heimarbeitskräften produzieren ließ. Heute, 51 Jahre später, ist sein Unternehmen Bijou Brigitte zwar mit gut 3100 Mitarbeitern und 1137 Filialen europäischer Marktführer, aber es schrieb jetzt auch erstmals in der Geschichte Verluste. Im ersten Quartal 2014 stand ein Minus von 1,4 Millionen Euro in der Bilanz. Im Vorjahr war es noch ein Plus von 3,2 Millionen Euro gewesen.

Nach dem ersten wird vermutlich das zweite Quartal besser enden, denn Mitte April war Ostern, eine Zeit, in der sich viele Menschen etwas schenken. Doch das hilft dem Hamburger Unternehmen, das sich mehrheitlich im Familienbesitz befindet, nur wenig. Denn Firmen wie Bijou Brigitte, die Konsumartikel anbieten, die man nicht zwangsläufig benötigt, schneiden in Wirtschaftskrisen in der Regel schlechter ab als etwa Maschinenbauer, deren Produkte weltweit ständig gefragt sind.

Das bestätigt auch der Finanzexperte Georg Pröbstl. Kaum ein anderes Unternehmen leide so sehr unter der Konjunkturflaute in den europäischen Schuldenländern wie der Hamburger Modeschmuckkonzern, so seine Analyse. Die nach dem Jahr 2007 einsetzende Rezession habe das dynamische Wachstum von Bijou Brigitte quasi abgewürgt, nachdem die Verdopplung des Filialwachstums auf mehr als 1000 Geschäfte in den Jahren 2003 bis 2007 mit einer Umsatzverdopplung einhergegangen war. Diesen Niedergang muss der Modeschmuckanbieter auch heute noch verdauen. Die Zahl der Filialen ist 2013 weiter gesunken, der Umsatz lag mit 356,3 Millionen Euro unter dem Vorjahreswert (360,8 Millionen). Der Konzernüberschuss sank auf 28,1 Millionen Euro nach 39,2 Millionen im Vorjahr. Und auch in diesem Jahr erwartet Bijou Brigitte geringere Erlöse. Vorstandschef Werner geht von einem Jahresumsatz zwischen 340 und 350 Millionen Euro aus.

Die Modeschmuckbranche betreibt ein schwieriges Geschäft. Manche Artikel, die die Kunden in den Läden erwerben, kosten nur wenige Euro. Wer dagegen mehr Geld in den Läden etwa für Silberschmuck ausgeben will, bezahlt bis zu 150 Euro. Mit 9000 Artikeln im Sortiment ist das Hamburger Unternehmen zwar hervorragend aufgestellt, aber das nutzt wenig, wenn in manchen Ländern die Kunden ausbleiben, weil sie sich selbst die preiswerten Artikel von Bijou Brigitte nicht leisten können.

Am stärksten belastet die anhaltende Krise in Südeuropa das Unternehmen. Vor allem in Spanien mit einer Arbeitslosenrate in Höhe von fast 26 Prozent und in Portugal, wo die Hamburger Modeschmuckexperten nahezu 200 Filialen betreiben, stockt angesichts der Euro-Krise der Verkauf. Seit Beginn der Krise habe sich in Spanien der Umsatz mehr als halbiert, sagt Firmenchef Roland Werner, der im vergangenen Jahr 70 Filialen schließen musste. Der Großteil davon entfiel auf Spanien und Portugal. Ganz aus der Region will sich Bijou Brigitte allerdings nicht zurückziehen. „Spanien ist ein beliebtes Urlaubsland. Die zahlreichen Touristen, die dort auch einkaufen, sind für uns interessant“, so Werner, der 2013 gleichzeitig vor allem in Deutschland 41 neue Läden eröffnet hat.

Während das Ausland schwächelt, konnte Bijou Brigitte sich auf dem deutschen Markt behaupten. Es sei sogar ein kleines Umsatz- und Ergebnisplus erzielt worden. Hier konnten laut Werner Maßnahmen zur Stärkung der Marke und zum Ausbau der Marktführerschaft ihre Wirkung voll entfalten. Unter anderem erhalten die Filialen ein neues Aussehen. „Auch im laufenden Geschäftsjahr werden wir mit der Modernisierung sowie dem Ausbau des Standortnetzes in den Kernmärkten, insbesondere in Deutschland investieren. Gleichzeitig werden wir Ausstiegschancen, vor allem in schwächeren Märkten, nutzen und unser Standortnetz weiter optimieren“, sagte er. „Entsprechend wird die Filialanzahl im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen.“ In Deutschland betreibt Bijou Brigitte mehr als 400 Filialen, darunter 20 in Hamburg.

Die Dividende pro Aktie soll nun von 4,98 auf 3,56 Euro gesenkt werden. Die Börse reagierte am Freitag mit einem Abschlag von knapp einem Prozent auf 72,82 Euro. Früher trieb der Konzern seine Internationalisierung zügig voran, um nicht ausschließlich von den deutschen Kunden abhängig zu sein. Laut einem Bericht von Comdirect zählte der Schmuckhändler bis 1993, dem Jahr des 30-jährigen Bestehens, zu den profitabelsten deutschen Börsenfirmen. Doch bereits 1994 konnte eine Umsatzsteigerung nur durch mehr Verkaufsfläche erreicht werden; der Ertrag sank. 1995 sackte der Gewinn um mehr als die Hälfte ab, auch die jahrelang konstante Dividende wurde halbiert. In einer ähnlichen Lage befindet sich die Firma heute. Doch Bijou Brigitte musste bereits mehrmals ähnliche Situationen ins Positive drehen. Gründer Friedrich-Wilhelm Werner hat oft bewiesen, dass dies möglich ist. Jetzt muss es Sohn Roland richten.