Sie haben die Scorpions und Peter Maffay mit Lederjacken ausgestattet. Jetzt hat die Marke mit dem Totenkopf-Logo einen neuen Laden eröffnet

Hamburg. Es war einer dieser Tage, die Fritz Ahrens, 58, und Holger Hechtenberg, 58, wohl nie vergessen werden: „Da schlendern die Rolling Stones in unseren Laden, und wir sind nicht da!“, sagt Ahrens und schüttelt lachend den Kopf mit der grau melierten Lockenmähne. Es war Anfang der 1990er-Jahre, als die beiden Unternehmer mit ihren maßgeschneiderten Lederjacken in der gesamten Rockerszene bekannt waren, und im Hotel Kempinski, ihrem Berliner Laden gegenüber, stiegen die Bands damals ab. Keith Richards, der plötzlich in der Tür stand, haben die Pechvögel damals durch einen dummen Zufall nicht persönlich erlebt. Bis heute haben die beiden Gründer von Pyrate Style aber unzählige andere Stars mit ihrer Mode ausgestattet, die Scorpions, Peter Maffay oder Thomas Gottschalk.

Vor genau 30 Jahren legten die Männer den Grundstein für ihr Unternehmen, das die Hamburger heute aus der Galleria-Passage in der City kennen. Die beiden Inhaber haben auf den ausgedienten Holzgeräten aus alten Turnhallen Platz genommen, die ihrem Laden einen charmanten Retro-Chic verleihen und erzählen grinsend ihre Gründergeschichte. Schon kurze Zeit nach der gemeinsamen Schulzeit in Bonn und der Erkenntnis, dass es mit der eigenen Rockstarkarriere nichts wird, brannten beide darauf, Lederklamotten im eigenen Stil zu kreieren. Und nicht nur das: „Wir kauften ein Schiff, wollten damit nach Ibiza fahren und dort unsere Sachen verkaufen“, erinnert sich Holger Hechtenberg. Leider entpuppte sich der Husumer Krabbenkutter als wurmstichig und nicht seetauglich. Aber vom Verkaufserlös des Boots gründeten die Freunde 1984 ihren ersten Laden im Eimsbütteler Schulweg. Die Marke mit dem Totenkopf-Logo etablierte sich – dank des unverwechselbaren Stils und der unzerstörbaren Qualität, und sie schaffte es in internationale Modemagazine.

Später experimentierte die Firma mit mehreren Standorten, 1987 zog der Laden um in den Eppendorfer Weg. Zwei Jahre danach eröffnete die zweite Filiale auf dem Ku’damm in Berlin – mit exponierter Lage samt hoher Promidichte gleich neben dem Kempinski. Im Jahr 1992 kam der zweite Hamburger Laden in der Galleria hinzu, mittlerweile haben die beiden Lederliebhaber hier aber wieder ihren einzigen Standort in Hamburg.

Schwarzes Leder, große Silberknöpfe, Jacken oder Hosen im Biker- oder Rockerdesign, damit sind Ahrens und Hechtenberg bekannt geworden, damit haben sie bisher aber auch eine sehr spezielle Zielgruppe versorgt. Eine der im Atelier über dem Laden handgefertigten Jacken kostet immerhin rund 1500 Euro, außerdem eignet sich die Mode nicht gerade für das Büro. Mit dem Ziel, ein breiteres Publikum anzusprechen, setzt das Duo nun stärker auf Gürtel. Um die Hemmschwelle für die „Musicaltouristen“, wie die Unternehmer das Citypublikum nennen, zu senken, haben sie gegenüber von ihrem Shop mit dem Totenkopf-Logo noch ein reines Gürtelgeschäft eröffnet. Derzeit erzielen die Partner schon etwa ein Drittel ihres Umsatzes von 500.000 Euro im Jahr mit Gürteln und handgefertigten Silberschnallen, die Hechtenberg in einer Werkstatt neben dem Lederatelier selber fertigt. „Wir denken aber auch an eine weitere Filiale, etwa an der Langen Reihe“, sagt Fritz Ahrens, der mit der Schmuckunternehmerin Kim-Eva Wempe verheiratet ist und mit ihr und den zwei Kindern in Harvestehude lebt.

Mit der Beschränkung auf Hamburg will das Duo sich auch weiterhin auf die Manufaktur konzentrieren, schließlich fertigen sie mit sieben Mitarbeitern ihre Produkte ausschließlich selber. Aus vier bis fünf Quadratmetern Leder von deutschen Rindern entsteht bei Pyrate Style eine Jacke in zwölf Arbeitsstunden. Knöpfe aus Originalmünzen oder die Totenköpfe, die Hechtenberg im Silberstudio mithilfe von selbst geschnitzten Wachsmodellen und Gipsformen produziert, komplettieren das Outfit. „Schnitzen konnte ich schon als Junge, die Arbeit mit dem Silber habe ich später von einer Goldschmiedin gelernt“, sagt Hechtenberg, der seine Freizeit am liebsten auf einem Indian Motorrad verbringt. Gerne nimmt das Team auch Sonderwünsche entgegen. So haben sich die Dompteure Siegfried und Roy in ihre Pyrate-Style-Hosen vorne kräftige Protektoren einarbeiten lassen. Auch ihre Ledertaschen, die sie bei der Hamburger Firma fertigen ließen, bargen ein Geheimnis: „Wir haben das Innenfutter mit Plastik verkleidet, sodass die Taschen auszuwaschen sind“, sagt Ahrens. Schließlich hatten die Löwenbändiger immer ein paar Fleischstücke für die Raubtiere dabei.