Ausstieg aus Marineschiffbau in skandinavischem Land nach Streit über U-Boot-Fertigung

Essen/Stockholm/Kiel. ThyssenKrupp will den Schiffbau in Schweden aufgeben. Wegen Differenzen über U-Boot-Aufträge der schwedischen Regierung kündigte das deutsche Unternehmen am Montag in Essen an, die frühere schwedische Staatswerft Kockums – jetzt TKMS AB – verkaufen zu wollen. Mit dem Rüstungskonzern Saab AB seien dazu Gespräche vereinbart worden. Die schwedische Regierung möchte aus Gründen der nationalen Sicherheit den U-Boot-Bau wieder in einem Unternehmen in schwedischem Besitz ansiedeln.

ThyssenKrupp begründete denn auch die Verkaufspläne mit der Absicht Stockholms, „künftige Marineschiffbauprogramme national durchführen zu wollen“. Bei ThyssenKrupps schwedischer Schiffbautochter arbeiten an den drei Standorten Malmö, Karlskrona und Muskö rund 900 Beschäftigte. Im Jahr 1999 hatte die Kieler Werft HDW Kockums erworben, im Jahr 2005 übernahm ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) HDW und damit auch die Werft in Schweden.

Das Misstrauen in Stockholm scheint groß zu sein: Laut „Kieler Nachrichten“ soll es eine Aktion mit Militärpolizei auf dem TKMS-AB-Gelände in Malmö gegeben haben, um Motoren für die A26-U-Boote, die Schweden bauen lassen will, zu beschlagnahmen. Schwedische Medien hatten über die Aktion vom vergangenen Dienstag berichtet, das Militär habe bei Kockums alles beschlagnahmt, was dem schwedischen Staat und zur Entwicklung des neuen U-Boots A26 gehöre. Eine Sprecherin der schwedischen Beschaffungsbehörde FMV für Militärgüter sagte am Montag in Stockholm, es habe sich um einen „gewöhnlichen Transport von Verteidigungsmaterial“ gehandelt. Details könne sie nicht nennen. Auch ThyssenKrupp wollte sich nicht näher zur Polizeiaktion äußern.

Noch im März hatte ThyssenKrupp in Stockholm bei einem Krisengespräch mit der FMV Zugeständnisse gemacht und die Entwicklung eines U-Boots in Schweden sowie die Verlagerung von Arbeitspaketen von seiner gut ausgelasteten Kieler Marinewerft angeboten – vergeblich. Verteidigungsministerin Karin Enström bezeichnete Anfang April im schwedischen Rundfunk die U-Boot-Fähigkeiten als ein wesentliches Sicherheitsinteresse für Schweden. „Für Schweden ist es wichtig, dass wir die staatliche Kontrolle über unser geistiges Eigentum behalten“, sagte Enström. Zudem hatte es Dissens über die internationale Vermarktung des U-Boots A26 gegeben.

ThyssenKrupp betonte, seinen „profitablen“ Marineschiffbau jetzt auf die Standorte Emden, Hamburg und Kiel zu konzentrieren. „Dieser Bereich verfügt über einen hohen Auftragsbestand, der die Auslastung und Beschäftigung bis 2020 sichert.“ Seit 2009 hatte ThyssenKrupp mehrere Werften seiner Schiffbausparte TKMS verkauft, um sich auf das Marinegeschäft zu konzentrieren, darunter Blohm+Voss in Hamburg mit dessen damaligem Tochterunternehmen, dem Schiffbauzulieferer Blohm+Voss Industries.