Bessere Kontrollen gefordert. Studie warnt vor Katastrophe an deutscher Küste

Hamburg. Ölunfälle werden zu einer immer größeren Gefahr für die Nordsee. Allein im britischen Sektor sind im vergangenen Jahr 551 unerlaubte Einleitungen von Öl und Chemikalien verzeichnet worden. Ein Jahr zuvor waren es noch 518, so die Studie License to Spill des Hamburger Wissenschaftlers Steffen Bukold im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Hinzu komme eine schleichende Verschmutzung durch die erlaubte Einleitung von ölhaltigem Wasser. Erst vor wenigen Jahren ist das Meer nur knapp einer Katastrophe entgangen: Ein Zufall rettete 2011 die große norwegische Ölplattform „Gullfaks C“ vor einer Explosion. Die Behörden kamen zu dem Schluss, dass es letztlich glückliche Umstände waren, die eine Katastrophe verhinderten. Auch auf den Inseln Gannet Alpha (2011) und Elgin-Franklin (2012), wo ein Gasleck außer Kontrolle geraten war, ereigneten sich schwere Zwischenfälle. Erst vor wenigen Wochen traten an der störanfälligen Plattform „Statfjord C“ in der norwegischen Nordsee erhebliche Mengen Öl aus.

„Wir sind an einem mehr als kritischen Punkt angekommen. Wenn man jetzt nicht in die Sicherheit der Anlagen investiert, steigt die Gefahr massiv, dass es früher oder später eine größere Ölkatastrophe in der Nordsee gibt“, sagt Valerie Wilms, Bundestagsabgeordnete aus Pinneberg und Fraktionssprecherin der Grünen für maritime Politik. Auf den Bohrinseln in der Nordsee scheine eine ähnliche Sorglosigkeit zu herrschen wie bei BP, wo im Golf von Mexiko 2010 die Bohrinsel „Deepwater Horizon“ explodierte. „Die Bundesregierung muss mit Norwegen und insbesondere den Briten sprechen, und sagen, dass ihre laxe Aufsichtspolitik hochriskant ist. Es kann nicht sein, dass wir irgendwann die Küsten hier für mehrere Milliarden Euro säubern müssen, nur weil die gut verdienenden Ölfirmen zu wenig in die Sicherheit ihrer Anlagen investieren.“

Die Ölplattformen auf der Nordsee sind laut der Studie mindestens 20 Jahre alt, einige seien sogar älter als 30 Jahre. „Ölunfälle stellen aufgrund der Strömungsverhältnisse in der Nordsee auch für die deutschen Küsten ein Risiko dar, insbesondere wenn sie im britischen Sektor stattfinden“, heißt es in der Studie. Die norddeutschen Strände könnten stark und lange verschmutzt werden. Bei grobkörnigen Sandstränden könnte das Öl tief eindringen und nur langsam durch Bakterien abgebaut werden. Das Ökosystem der Salzwiesen wäre stark beeinträchtigt, das Wattenmeer über Jahre geschädigt. Deutschland solle gegenüber den Nordseeanrainern darauf drängen, dass die Aufsicht verstärkt und Sanktionen bei Ölunfällen verschärft werden.