Ende Juni will er als Vorstandschef aufhören. Als Nachfolger ist sein Stellvertreter Eberhard Sautter im Gespräch

Hamburg. An der Spitze des einzigen großen Versicherers mit alleinigem Hauptsitz in Hamburg steht ein Wechsel an: Nach zwölf Jahren als Vorstandschef der HanseMerkur wird Fritz Horst Melsheimer dieses Amt abgeben. „Es ist vorgesehen, dass er dann – vorbehaltlich der Gremienbeschlüsse – den Aufsichtsratsvorsitz der HanseMerkur-Gruppe übernimmt“, teilte ein Sprecher des Versicherers auf Anfrage mit. Außerdem werde sich Melsheimer von Juli an „als selbstständiger Unternehmer im Asset-Management-Bereich betätigen“. Die Handelskammer will Melsheimer am 8. Mai für eine weitere Amtszeit zum Präses wählen, und eine operative Tätigkeit in einer Firma ist eine Voraussetzung für dieses Ehrenamt.

Der Rückzug des 63-Jährigen aus dem HanseMerkur-Vorstand kommt nicht überraschend. Der Zeitpunkt dafür sei seit Langem festgelegt gewesen, heißt es aus dem Umfeld Melsheimers. Er habe stets die Auffassung vertreten, ein Manager solle nicht zu lange „an seinem Sessel kleben“, und er habe sich außerdem dafür eingesetzt, das Höchstalter in den Gremien der Versicherungsgruppe herabzusetzen.

Allerdings habe seine Lebensplanung eigentlich vorgesehen, beide Posten – den Vorstandsvorsitz bei HanseMerkur und das Amt des Kammer-Präses – im Mai beziehungsweise Juni 2014 abzugeben, heißt es. Nachdem man sich in der Handelskammer jedoch offensichtlich schwertat, einen Nachfolger für ihn zu finden, hatte er sich Ende Februar bereit erklärt, noch einmal anzutreten.

In seiner letzten Bilanzpressekonferenz Ende Mai wird Melsheimer ein sehr erfreuliches Resümee seiner Arbeit bei der HanseMerkur ziehen können: Die Beitragseinnahmen haben sich in den zurückliegenden zwölf Jahren ungefähr verdreifacht, der Gewinn hat sich noch stärker erhöht, und die Zahl der Arbeitsplätze am Hauptsitz in Hamburg ist entgegen der Branchentendenz um mehr als 300 auf gut 1200 Personen gewachsen. Als Favorit für Melsheimers Nachfolge gilt der stellvertretende HanseMerkur-Chef Eberhard Sautter.

Dass Melsheimer künftig als Unternehmer im Bereich der Vermögensverwaltung arbeiten will, entspricht seiner Berufserfahrung und seinen Interessen; er gilt als ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Nach einem Betriebswirtschaftsstudium an den Universitäten Bochum, Würzburg und Hamburg war er von 1978 bis 1992 bei der Hamburger Albingia-Versicherung unter anderem für die Vermögensverwaltung verantwortlich, ebenso zunächst bei der Hamburg-Mannheimer, wohin er 1993 wechselte. Im Jahr 2000, nach dem Abschied von der Hamburg-Mannheimer, gründete er die Vermögensverwaltungsgesellschaft Wave Management, die heute zu dem Autoversicherer VHV in Hannover gehört.

Wäre Melsheimer, der mit einer Ärztin verheiratet ist, nicht unter anderem wegen seines Amts als Kammer-Präses an Hamburg gebunden, gäbe es für ihn aber noch eine andere Möglichkeit für eine Unternehmertätigkeit: Er besitzt in seinem Heimatort Traben-Trarbach an der Mosel ein Weingut, das von einem Verwalter geführt wird.

Im Hinblick auf seinen Führungsstil sieht sich Melsheimer als Stratege sowie als Mannschaftsspieler. „Mein Bedürfnis, in der Öffentlichkeit zu stehen, ist nicht besonders stark ausgeprägt“, hatte er nach seiner ersten Wahl zum Kammer-Präses im Jahr 2011 gesagt. Umso mehr muss es ihn getroffen haben, dass die nun anstehende Wiederwahl zum umstrittenen Politikum wurde. Denn weil Melsheimer beim überraschenden Ausscheiden seines Vorgängers Frank Horch für dessen Restamtszeit von neun Wochen einsprang, tritt er nun schon zu einer dritten Wahlperiode an – nach den Statuten der Kammer waren bisher aber nur zwei gestattet. Die Änderung dieser Satzung durch das bereits abgewählte Kammerplenum war von Anjes Tjarks, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, als „schmutziger Trick“ und als undemokratisch bezeichnet worden. Auch der Geschäftsführer des Bundesverbands für freie Kammern, Kai Boeddinghaus, kritisierte den Beschluss.