Im Frühjahrsgutachten sagen Ökonomen dennoch kräftige Wachstumsraten voraus

Berlin. Angetrieben von der Binnennachfrage wird die deutsche Wirtschaft dieses und nächstes Jahr kräftig an Schwung gewinnen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2014 voraussichtlich um 1,9 Prozent und 2015 um 2,0 Prozent zulegen (siehe Grafik), erklärten die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute am Donnerstag in Berlin. Vom Außenhandel sei aber kein Impuls zu erwarten. Ein Unsicherheitsfaktor sei zudem die Entwicklung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine.

Die Institute äußerten deutliche Kritik an der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Großen Koalition. Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren laufe den Bemühungen zuwider, die Rentenversicherung an die steigende Lebenserwartung anzupassen. Und die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde „wird im Jahr 2015 den Beschäftigungsanstieg dämpfen“. Der Mindestlohn koste etwa 200.000 Stellen – mit steigender Tendenz. Er werde im Übrigen die Beschäftigungschancen Geringqualifizierter eher schmälern und auch kaum zum Abbau von Armut beitragen, so die mehrheitliche Einschätzung der Wissenschaftler weiter.

Die Verbraucherpreise werden nach Angaben der Institute in diesem Jahr voraussichtlich um moderate 1,3 Prozent und 2015 um 1,8 Prozent ansteigen. Davon seien voraussichtlich 0,2 Prozentpunkte dem allgemeinen Lohnanstieg durch den Mindestlohn geschuldet. Von einer Deflation sei der Euro-Raum „ein gutes Stück entfernt“, sagte Axel Lindner vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle, das das Gutachten zusammen mit dem Berliner DIW, dem Ifo-Institut München und dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen erstellt. Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland wird der Prognose zufolge weiter zulegen, die Zahl der Arbeitslosen 2015 um 18.000 steigen. Aufgrund der guten Konjunktur und der damit einhergehenden Einnahmesteigerungen werde sich auch die Finanzlage des Staates weiter verbessern.