Airbus gewährt den ersten Blick in einen A350. Auch die Gepäckfächer an Bord und die Fenster werden größer

Hamburg. Gerade noch waren die Sitzreihen in ein kühles Blau getaucht, da wechselt das Licht in der Kabine des neuen Airbus A350 auch schon graduell zu einem kräftigen Orange. „So würde natürlich niemand wirklich fliegen wollen, aber wir möchten zeigen, was möglich ist – schließlich können wir mit der LED-Technik mehr als 16 Millionen Farben erzeugen“, sagt Airbus-Marketingmanager Chris Emerson.

Auf realen Reisen mit dem neuen Langstreckenjet, der mehr als 16 Stunden in der Luft bleiben kann, werde es eher darum gehen, das Wohlbefinden der Passagiere durch eine nach wissenschaftlichen Erkenntnissen an die jeweilige Flugphase angepasste Beleuchtungsfarbe zu verbessern. Andere Merkmale des A350-Fluggastraums, den der europäische Hersteller am Montag in Hamburg anlässlich der am Dienstag beginnenden Fachmesse Aircraft Interiors Expo erstmals der Weltöffentlichkeit präsentierte, sind echte Innovationen. So ist der A350, der gegenwärtig noch sein Testprogramm absolviert, nach Angaben von Airbus das erste Langstreckenflugzeug mit einem völlig ebenen Kabinenboden.

Denn die Kabel, die vom zentralen Bordunterhaltungssystem zu den Bildschirmen in den Sitzlehnen führen, sind nun versenkt im Boden verlegt und nicht mehr in Schächten oberhalb des Teppichniveaus, sie bilden somit auch keine „Stolperfallen“ mehr.

Weil der Kohlefaserwerkstoff, aus dem Rumpf und Tragflächen des neuen Jets gefertigt sind, fester ist als das bisher traditionell verwendete Aluminium, konnten die Fenster gegenüber dem Vorgängermodell A330 spürbar vergrößert werden. Zusammen mit der um 33 Zentimeter auf 5,61 Meter gewachsenen Innenbreite lässt dies den Innenraum noch etwas geräumiger erscheinen – auch wenn Airbus mit dem Luftgiganten A380 in dieser Hinsicht Maßstäbe gesetzt hat, an die der mittelgroße zweistrahlige A350 nicht heranreichen kann.

Mehr Platz gibt es aber auch für das Handgepäck: „Wir beobachten, dass immer mehr Passagiere ihr Gepäck möglichst mit in die Kabine nehmen wollen“, sagt Emerson. In die Klappfächer über den Sitzen passen jeweils fünf Rollkoffer aufrecht nebeneinander, sodass selbst in der Economyclass jeder Passagier im Schnitt mehr als einen solchen Koffer verstauen kann.

Erstmals bietet Airbus den Fluggästen in dieser Klasse auch Bildschirme mit einer Diagonale von zwölf Zoll (30 Zentimeter). Vor allem aber bietet der größere Rumpfquerschnitt die Möglichkeit, in der günstigsten Buchungsklasse pro Reihe neun Sitze mit jeweils 18 Zoll Breite einzubauen – im bisherigen Modell A330 sind es acht Sitze von je 17 Zoll Breite. Emerson musste allerdings einräumen, dass manche Fluggesellschaften sich wohl wegen der höheren Einnahmen für eine Ausstattung mit zehn Sitzen pro Reihe entscheiden wird – auf Kosten des Komforts.

Ohnehin gibt sich Airbus alle Mühe, den A350 zu einem effizienten Werkzeug für die Airlines zu machen. Abgesehen davon, dass er 25 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen soll als bisherige Jets vergleichbarer Größe, ist er der erste Langstreckenflieger, bei dem sämtliche Ruheräume für die Besatzung gewissermaßen auf dem Dachboden oberhalb der Kabine eingebaut sind. Somit fallen dafür weder Passagiersitze noch Frachtraumkapazität weg.

Die am Heck in auffälliger Karbonoptik lackierte Maschine, die Airbus am Montag präsentierte, ist der dritte von fünf Testjets und der erste mit einer Kabinenausstattung. Dass es sich hier noch nicht um ein Flugzeug für einen Kunden handelt, wird im Inneren schnell deutlich: Es gibt einen Arbeitsplatz mit etlichen Computermonitoren für den Flugtestingenieur, Kabel für Messinstrumente sind an Wänden und Decke entlang verklebt, auf einigen Sitzen sind noch Heizschläuche befestigt, die die Wärmeabstrahlung von Passagieren simulieren sollen.

In Hamburg, wo die Kabinen aller Airbus-Ziviljets entwickelt werden, hat die Maschine seit Mitte März ein zweiwöchiges Kabinentestprogramm am Boden und in der Luft absolviert.

Am Montag hat das Unternehmen auf Finkenwerder aber nicht nur das Interieur des neuen Flugzeugtyps, der noch vor Ende 2014 in den Liniendienst gehen soll, erstmals öffentlich präsentiert, sondern auch das sogenannte Customer Definition Center. In diesem A350-Kabinenzentrum können Experten der Fluggesellschaften mittels virtueller Realität, aber auch anhand einer Ausstellung von echten Sitzen, Küchen oder Waschräumen innerhalb von wenigen Wochen ihre Wunschkabine zusammenstellen. „Damit können sich unsere Kunden viele Reisen zu den Zulieferern in aller Welt sparen“, sagt Jörg Schuler, Leiter Cabin & Cargo bei Airbus.