Hamburger Dreamlines will Marktführer bei der Online-Vermittlung von Schiffsreisen werden. Schon 230 Beschäftigte

Hamburg. Russische Gespräche dringen abwechselnd aus der Etagenküche, englische, portugiesische, deutsche. Mitarbeiter von Dreamlines stehen auf eine Tasse Kaffee zusammen, verschwinden dann wieder in die Arbeitsräume vor ihre Computerbildschirme und ziehen die Kopfhörer auf für das nächste Gespräch mit Kunden. Die beiden Etagen in dem Bürohaus zwischen dem Neuen Wall und den Alsterarkaden sind mit Leben erfüllt, von überwiegend jüngeren Menschen aus vielen Ländern, die über die Gänge laufen oder die in eng besetzten Räumen vor Internetseiten intensiv telefonieren. Der typische Eindruck eines noch jungen Start-up-Unternehmens.

Man habe durchaus auch Mitarbeiter, die älter als 50 seien, sagt Dreamlines-Chef und Mitinhaber Felix Schneider, 32, in einem Konferenzraum mit Blick auf den Neuen Wall. Auch die trügen zur jungen Kultur des Unternehmens maßgeblich bei: „Wir sind kein reines Start-up-Unternehmen mehr, wollen uns aber die Tugenden aus der Gründerphase wie Spontaneität und Begeisterungsfähigkeit bewahren“, sagt er. „Deshalb wird es hier mit Sicherheit keine vergoldeten Türklinken geben.“ Anfang 2012 begann Dreamlines mit dem Kundenbetrieb. Rund 30.000 verschiedene Kreuzfahrten weltweit vermitteln die inzwischen 230 Mitarbeiter, vor allem an Reisende in Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden, zunehmend aber auch in Brasilien, Russland und Australien. „Wir wollen in den jeweiligen Märkten zunächst ein solides Wachstum bei den Buchungen für Kreuzfahrten sehen. Wichtig ist außerdem: Das jeweilige Angebot muss vor Ort verkaufbar und verfügbar sein“, sagt Schneider.

Der internationale Kreuzfahrtmarkt nahm in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufschwung. In Deutschland profitierte davon vor allem Hamburg, das seine Rolle als meist frequentierter nationaler Kreuzfahrthafen in diesem Jahr mit rund 200 Schiffsanläufen und gut 600.000 Passagieren weiter ausbauen will. „Für uns ist der Kreuzfahrtboom in Hamburg natürlich ein Glücksfall. Wir wollen das als Hamburger Unternehmen auf jeden Fall unterstützen, indem wir viele Angebote auf Hamburg zuschneiden und vermitteln“, sagt der Dreamlines-Chef.

Deutschland und Hamburg aber machen für den gebürtigen Hamburger Schneider und sein in der Hansestadt ansässiges Unternehmen nur einen kleinen, wenn auch wichtigen Teil des Geschäfts aus. Der Dreamlines-Chef schätzt das Volumen des deutschen Marktes für Hochsee- und Flusskreuzfahrten auf derzeit rund drei Milliarden Euro jährlich, der internationale Markt umfasst derzeit gut 35 Milliarden Dollar (rund 25 Milliarden Euro). „Das Angebot wird immer vielfältiger, von der einfachsten Übernachtung auf einem Kreuzfahrtschiff für 30 Euro bis hin zur Polarexpedition, von der Heavy-Metal-Konzertkreuzfahrt bis zur romantischen Singlereise“, sagt Schneider.

Seine Mitarbeiter vermarkten nicht nur die stark zunehmende Vielfalt an Reisen, sie betreuen die Kunden auch bei Problemen unterwegs oder im Service danach. Wer zum Abschluss der Schiffstour gern in einer schweren Limousine vom Kreuzfahrtterminal zum Flughafen chauffiert werden will, bekommt bei Dreamlines das entsprechende Taxiangebot. „Das Luxussegment ist für uns extrem wichtig, nur da können wir uns intensive Beratung eigentlich erlauben, weil sehr günstige Kreuzfahrten kaum wirtschaftlich mit viel Beratung zu vermitteln sind.“

Dreamlines behauptet sich in einem anspruchsvollen Umfeld. Kreuzfahrtlinien wie Aida oder MSC sind gleichermaßen Kunden des Onlineportals wie auch dessen direkter Konkurrent. Zu den Wettbewerbern zählen auch Touristikkonzerne wie TUI. „Wir verdienen einerseits auf Provisionsbasis als Vermittler für die Kreuzfahrtveranstalter, bieten zunehmend aber auch selbst zugeschnittene Reisen an“, sagt Schneider. Regelmäßig testen seine Mitarbeiter selbst Kreuzfahrtangebote auf den Schiffen. Werbung betreibt Dreamlines neben dem Internet vor allem im Fernsehen. Die selbst entworfene Buchungssoftware Pegasus wird ständig aktualisiert und erweitert.

Schneiders wichtigstes Kapital allerdings sind seine Mitarbeiter. „Es ist extrem wichtig, dass Beratungsgespräche von Muttersprachlern geführt werden“, sagt er. „Es macht einen großen Unterschied, ob ein Kunde in Brasilien auf Portugiesisch von einem Portugiesen oder von einem Brasilianer beraten wird.“ Daraus erklärt sich die multinationale Belegschaft von Dreamlines, aber auch die eher ungewöhnliche Lage der noch jungen Firma mitten in der Hamburger Innenstadt: „Wir wollen die besten Leute haben, die wir bekommen können. Dafür zahlen wir entsprechende Gehälter, bieten aber mit dem sehr attraktiven Standort mitten in Hamburg im Wettbewerb um Mitarbeiter auch einen wichtigen ,weichen‘ Faktor.“

In T-Shirt und Jeans im Konferenzraum wirkt Schneider auf den ersten Blick nicht wie ein Unternehmer. Seine zielstrebige Rhetorik aber lässt erkennen, dass er schon seit Jahren selbstständig arbeitet. Während des Studiums der Wirtschaftsgeografie in Hamburg arbeitete er als Fitnesstrainer. Seinerzeit organisierte er ein Netzwerk von professionellen Sport- und Gesundheitsberatern und gründete gleich nach der Universität das Internetportal Your Personal Trainer. Die Firma hat er mittlerweile verkauft. Mit seinem alten Freund und Geschäftspartner Nils Regge analysierte Schneider sorgfältig den Markt für Geschäftsmodelle im Internet, bevor er Dreamlines aufbaute. Neben Regges Unternehmen Truventuro ist an Dreamlines mittlerweile unter anderem Hasso Plattner Ventures des SAP-Mitinhabers Hasso Plattner beteiligt wie auch das Start-up-Beteiligungsunternehmen der Brüder Oliver und Marc Samwer. Schneider selbst hält rund zehn Prozent an Dreamlines.

In den kommenden fünf bis sechs Monaten soll Dreamlines zum führenden deutschen Beratungsunternehmen für Kreuzfahrten aufsteigen, sagt Schneider. In einzelnen Märkten wie Deutschland arbeite man bereits profitabel. Zahlen kommentiert er nicht, dafür aber die Richtung, in die es mit dem Unternehmen gehen soll: „Beim Umsatz haben wir uns 2013 gegenüber 2012 verdreifacht, und das wollen wir auch 2014 wieder erreichen.“