Hamburger Industriebetriebe sind alarmiert über Pläne der Umweltbehörde. Hohe zusätzliche Kosten befürchtet. Noch in dieser Woche ist ein Krisentreffen geplant

Hamburg. Die Industrie in der Hansestadt läuft Sturm gegen die Hamburger Umweltbehörde. Diese will eine Gebühr zur Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe massiv erhöhen. Die Gebühr soll schrittweise bis zum Jahr 2018 um rund 500 Prozent steigen. Für die Unternehmen bedeutet das zum Teil Mehrkosten in Millionenhöhe. Sie befürchten Nachteile im Wettbewerb und wehren sich dagegen, zumal die Behörde sie zu spät über die Gebührenänderung informiert hat.

Es geht um Raffinerien, Grundstoffproduzenten, Kraftwerke und Chemiebetriebe. Zahlreiche Industrieunternehmen haben sich im Laufe der Jahrzehnte direkt an der Elbe oder ihren Nebenflüssen und Seitenarmen angesiedelt. Shell, Aurubis, Vattenfall, Sasol, Cargill sind nur einige der Großabnehmer. Sie alle kühlen die bei den Produktionsprozessen sich erhitzenden Maschinen mit Flusswasser und zahlen dafür eine sogenannte Oberflächenwasserabgabe. Bisher mussten die Unternehmen für jeden Kubikmeter Wasser, den sie der Elbe entnahmen 0,00124 Euro bezahlen. Dieser Wert wird jetzt schrittweise bis 2018 angehoben. dann sollen es 0,0077 Euro sein.

Das klingt zunächst nach wenig Geld. Doch gemessen an der Menge, welche die Unternehmen für ihre Kühlprozesse brauchen, kommen schnell große Summen zusammen. Für einige schon annähernd zu groß. „Wir stehen unter einem erheblichen Wettbewerbsdruck. Die Strompreise steigen, und jetzt kommt diese Mehrbelastung beim Kühlwasser. Irgendwann erreichen wir den berühmten Tropfen, und dann können wir zusperren. Was einmal tot ist, bleibt tot“, sagt Frank Heyder, Leiter der Erdölraffinerie Holborn, die im Besitz der Tamoil ist. Sein Werk in der Moorburger Straße hat eine Durchlaufkühlung. Diese entnimmt zwischen 8000 und 9000 Kubikmeter Wasser pro Stunde aus der Süderelbe und führt diese nach dem Kühlprozess zurück. Bisher musste Holborn dafür jährlich 100.000 Euro Gebühren bezahlen. Nach Vorstellung der Umweltbehörde werden es künftig 600.000 Euro sein.

„Ich weiß nicht, wie lange wir so etwas mitmachen können“, sagt Heyder. Er verweist darauf, dass Rohöl überall auf der Welt verarbeitet werden kann. Das sei keine deutsche Domäne. Zahlreiche Raffinerien hätten hierzulande bereits die Segel gestrichen. Ihn macht der Vorstoß der Umweltbehörde vor allem betroffen, weil bei Unternehmen in wirtschaftsfreundlichen Bundesländern wie Bayern, Hessen und Sachsen eine solche Kühlwasserentnahmegebühr nicht erhoben wird.

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sieht das völlig anders. Sie verweist darauf, dass mit der Gebührenerhöhung lediglich eine Angleichung an die Praxis der Nachbarländer erfolgt. Schleswig-Holstein nimmt beispielsweise auch 0,0077 Euro pro Kubikmeter Kühlwasser. Doch auch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied: Der nördliche Nachbar erhebt diese Gebühr nur auf die tatsächlich entnommene Menge. Hamburg hält aber den Kontrollaufwand für zu groß und will den Abgabenbescheid auf die genehmigte Menge an Kühlwasser ausstellen.

Dazwischen klafft bei einigen Unternehmen aber eine erhebliche Lücke. Bei Aurubis etwa sind das bis zu 30 Prozent. Und bei einer künftigen Abgabe von rechnerisch einer Million Euro im Jahr ist es auch viel Geld: „Immerhin geht es um 300.000 Euro“, sagt Aurubis-Sprecherin Michaela Hessling. „Wir sehen uns permanent politisch motivierten Erhöhungen der Kosten und zusätzlichen Belastungen ausgesetzt – alles zulasten der Wettbewerbsfähigkeit. Es gibt durchaus Länder, die tun genau das Gegenteil: Dort wird die Industrie entlastet, weil man verstanden hat, wie wichtig sie für eine funktionierende Gesellschaft ist.“

Was die Industriebetriebe besonders ärgert, ist der Umstand, dass sie erst Mitte November 2013 informiert wurden, die Gebührenerhöhung aber eigentlich seit 1. Januar 2014 gelten soll. Dazwischen lagen gerade einmal sechs Wochen. Die Behörde hat inzwischen auf den Proteststurm reagiert und will die Erhöhung erst im kommenden Jahr durchsetzen. Den Vorwurf, die Wirtschaft zu spät informiert zu haben, weist die Behördenleitung von sich: „Wir haben die Verbände zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich unmittelbar nach der internen Abstimmung der neuen Gebührenordnung in unserem Haus, in Kenntnis gesetzt“, sagt Behördensprecher Volker Dumann.

Gleichwohl findet noch in dieser Woche ein Krisentreffen statt, bei dem die Wirtschaftsvertreter aus Handelskammer und Industrieverband mehr Zeit für die Unternehmen herausholen wollen, damit die sich auf die neue Situation einstellen und etwa durch eine Produktionsumstellung die Kühlwasserentnahme reduzieren können.

Holborn-Chef Heyder würde das allerdings nicht wirklich helfen: „Unsere Anlage stammt aus den 1950er-Jahren und ist komplett auf eine Wasserdurchlaufkühlung ausgerichtet. Wollte ich eine Luftkühlung einführen, müsste ich eine völlig neue Anlage bauen. Das ist unmöglich.“