Ein Jahr nach Abschaffung der Freizone: Politik und Zollverwaltung ziehen positive Bilanz. Verband fordert Abwicklung in Englisch statt Deutsch

Hamburg. Die lange Zeit umstrittene Abschaffung der Freizone im Hamburger Hafen hat sich aus Sicht des Senats, der Zollverwaltung und der Hafenwirtschaft gelohnt. Sie hielten am Dienstag im Rathaus Rückschau nach dem ersten Jahr – 2013 – ohne Freizone. „Dem unermüdlichen Einsatz der Zollverwaltung und der Wirtschaft ist es zu verdanken, dass Anfangsprobleme gelöst wurden und wir heute eine positive Bilanz ziehen können“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos).

Die Freihafenzone war mit dem Ende des Jahres 2012 aufgelöst worden, um den Hamburger Hafen komplett in das europäische Zollregime zu integrieren. Zuvor mussten Waren, die von außerhalb der EU kamen, in der Freihafenzone nicht eigens verzollt werden. Dafür gab es eine Reihe von Zollstationen an den Zufahrten zum Freihafen, die den Straßengüterverkehr im Hafen insgesamt stark beeinträchtigten. Historisch waren die Freizonen, in Hamburg und auch in anderen Häfen, eine Art Transitbereich für Güter, die zum Weitertransport ins Ausland lediglich zwischengelagert oder veredelt wurden. „Rund 90 Prozent aller Güter, die heute für den Weitertransport nach Hamburg kommen, gehen aber in ein anderes Land der EU“, sagte Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH) und Generalbevollmächtigter des Terminalbetreibers Eurogate. „Deshalb hatte die Freihafenzone ihre Funktion schon vor Ende 2012 längst verloren.“

Die Abwicklung des Güterverkehrs im Hafen funktioniert heute besser

Die Unternehmen, die Ware für den Transit aus einem Nicht-EU-Land zum Weitertransport lagern oder sie bearbeiten, müssen die entsprechenden Lager nun als eigenständige Zolllager betreiben. Eine Minderheit von Hafenlogistikunternehmen hatte deshalb gegen eine Abschaffung der Freizone plädiert, sie konnten sich aber nicht durchsetzen. Kritik übte am Dienstag allerdings die Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten. Linienagenten und Klarierungsagenten, die für die Betreuung von Schiffen und Ladung zuständig seien, müssten nun deutlich mehr bürokratische Aufgaben bei der Abfertigung übernehmen, zumal für Hamburg eine Reihe eigener Formalitäten zu berücksichtigen sei, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung, Alexander Geisler, dem Abendblatt. Zudem gehe viel Zeit verloren, weil der Zollverkehr in Deutsch abgewickelt werden müsse: „Nach unseren Schätzungen könnte der Weitertransport von Containern um mindestens 24 Stunden beschleunigt werden, wenn den Reedern oder den Linienagenten die Verwendung der englischen Sprache ermöglicht werden würde, wie dieses in anderen europäischen Häfen üblich ist.“

Colette Hercher, Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, zog hingegen ebenfalls ein positives Fazit nach der Abschaffung der Freizone. Die ein- und ausgehenden Container würden jetzt in der Regel auf den Terminals abgefertigt, und das zumeist per Computer: „Auch wenn es Anlaufschwierigkeiten gab, die Entscheidung zur Aufhebung der Freizone war richtig“, sagte sie. „Der Verkehr im Hamburger Hafen fließt besser, zollrechtliche Formalitäten für Waren aus der EU sind weggefallen, und die Unternehmen im Hafen können ihre Warendispositionen jetzt unabhängiger von den Öffnungszeiten des Zolls gestalten.“ Der Zoll beschäftigt an zwei Standorten im Hafen 530 Mitarbeiter mit 36 Fahrzeugen, darunter 14 Büromobile für die Abfertigung von Waren. „Waltershof ist das größte und flexibelste Zollamt der Republik“, sagte Hercher. Michael Schrader, der Leiter des Hauptzollamts Hamburg-Hafen, ergänzte: „Ich bin zuversichtlich, dass wir in absehbarer Zeit gar keine Frachtpapiere mehr bewegen müssen, sondern den Zollverkehr dann komplett elektronisch abwickeln können, auch mithilfe des Hafeninformationssystems Dakosy.“

Auch die Transportbranche hob die Vorzüge des neuen Zollreglements hervor. Traditionell sei der Warenimport zollrechtlich komplizierter als der Export: „Mit den jetzt im Hamburger Hafen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten können die Importprozesse deutlich verlässlicher geplant und abgewickelt werden“, sagte Susann Bacher vom Verein Hamburger Spediteure. „Etwas mehr als ein Jahr nach der Freihafenauflösung kann man davon sprechen, dass das Jahrhundertereignis erfolgreich gelungen sei.“ Jetzt gehe es darum, bei den Logistikprozessen „letzte Stellschrauben zu optimieren“.

UVHH-Präsident Gunther Bonz sagte, es könnten noch viele Details verbessert werden, wie etwa der aufwendige Transport von Originaldokumenten innerhalb des Hafens. Doch der Umstellungsprozess sei im Großen und Ganzen gut verlaufen. Das sichtbarste Problem, das noch beseitigt werden müsse, seien die verengten Fahrbahnen an den Durchlässen der alten Zollstationen, sagte Bonz: „Da stößt man als Pendler mit dem Autoreifen schnell mal gegen die Bordsteinkante.“