Hamburger Unternehmen hat den Strompreis gesenkt. Ein Großkunde ist der FC St. Pauli. Nach Stagnation in diesem Jahr wieder Wachstum geplant

Hamburg. Der Hamburger Ökostromversorger LichtBlick war längere Zeit teurer als Hamburg Energie und Vattenfall. Am 1. März hat das Unternehmen aber seine Tarife gesenkt, während bundesweit Hunderte Anbieter ihre Preise erhöht haben. „Wir sind jetzt günstiger als der Vattenfall Basis-Tarif und können es sogar mit dem Vattenfall Easy-Tarif aufnehmen“, sagt LichtBlick-Geschäftsführer Heiko von Tschischwitz. „Wir haben bundesweit die Kosten gesenkt und damit die Ersparnis von 0,72 Cent durch niedrigere Einkaufspreise für den Strom an unsere Kunden weitergegeben.“ Seit März kostet die Kilowattstunde 26,76 Cent plus 8,95 Euro im Monat als Grundpreis.

29,50 Euro im Jahr sparen die LichtBlick-Kunden bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden gegenüber dem Basis-Tarif von Vattenfall. Mit diesem Preis erhofft sich von Tschischwitz, die Anzahl der bislang knapp 612.000 Kunden in diesem Jahr nach einer Stagnation in 2013 wieder steigern zu können. Helfen soll dabei vor allem in Hamburg, dass der FC St. Pauli auf den Strom des Unternehmens setzt. „Das ganze Stadion, die Trainingsplätze und das Flutlicht werden mit unserem Strom betrieben“, so der Chef. Firmen, Privatkunden und Fans des Sportvereins sollen mit dem Tarif Kiez-Strom zum Anbieterwechsel gelockt werden.

Zudem geht das Unternehmen auch in der Vermarktung neue Wege. „In Berlin startet derzeit unser bislang größtes Zuhause-Strom Projekt.“ LichtBlick arbeitet mit der Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft und dem Fotovoltaik-Anlagenbetreiber o-vbzusammen. Letzterer hat im sogenannten Gelben Viertel in Berlin Hellersdorf seit 2012 auf 50 Mietshäusern, in denen rund 3000 Mietparteien leben, die bislang größte Fotovoltaikanlage auf deutschen Wohngebäuden installiert.

Der hier produzierte Ökostrom wird von LichtBlick zu einem preisgünstigen Zuhause-Strom Tarif gebündelt. „Die Belieferung der Haushalte hat im März begonnen“, so von Tschischwitz. Der Vorteil für die Mieter liege darin, dass sie für die vor Ort erzeugte Energie einen geringeren Preis als für herkömmliche Stromtarife bezahlen müssen. Zweitens wird die Allgemeinheit finanziell entlastet, weil der lokal verbrauchte Strom nicht mehr ins Netz eingespeist wird. Damit entfällt die umlagefinanzierte Förderung nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG). „Zuhause-Strom kann zu einem entscheidenden Treiber für den Ausbau der erneuerbaren Energien werden. Mehr Verbraucher profitieren, die EEG-Kosten sinken, die Energiewende wird bezahlbarer. So wirkt die Strompreisbremse, ohne den Ökostromausbau abzuwürgen.“

Allein mit dem Verkauf von Zuhause-Strom im Gelben Viertel könne das EEG-Konto um bis zu 200.000 Euro im Jahr entlastet werden. „Das neue Produkt ist Teil unserer Schwarmstrom-Strategie, mit der wir intelligente Vermarktungsformen für dezentrale Energie entwickeln“, so von Tschischwitz. Unter dem Begriff Schwarmstrom werden Energie erzeugende Anlagen zusammengefasst, die nicht wie ein Großkraftwerk an einem Ort viel Strom produzieren, sondern über die ganze Republik verteilt an vielen Standorten. Die Energie für solche kleine Anlagen könne zum Beispiel von einer Solaranlage auf dem Dach, einem Zuhause-Kraftwerk von LichtBlick das sich im Keller befindet, oder einem Blockheizkraftwerk stammen. „Das Zuhause-Strom-Angebot eignet sich für Immobilien ab einer Größe von sechs Mietparteien“, so von Tschischwitz. Auch in Hamburg sucht das Unternehmen mittelfristig nach passenden Objekten.

Angesichts von mehr Wind- und Sonnenstrom wird es immer wichtiger, die Stromnetze zu stabilisieren. Deshalb plant LichtBlick, die Batterien von Elektroautos mit dem Netz zu koppeln. Die Idee: Ist zu viel Strom im Netz, werden damit die Batterien aufgeladen. Wird Strom benötigt, speisen die Batterien Strom ein. „Wir starten in Kürze gemeinsam mit Volkswagen einen Feldversuch. Aktuell stehen 20 Autos der Marke E-pup von VW bereit. Wir nutzen hier die Tatsache, dass Autos über 90 Prozent der Zeit gar nicht gefahren werden“, so von Tschischwitz. Damit es keine bösen Überraschungen gibt, legt der Autofahrer per App eine Mindestreichweite fest, die er mit seinem E-Auto jederzeit fahren kann. Die Software für die Schwarmstromanlagen und das Management der Autobatterien hat LichtBlick unter dem Namen Schwarm-Dirigent selbst entwickelt. „Im Grunde sind wir nicht mehr nur ein Strom- und Gasversorger, sondern auch ein IT-Unternehmen. Wir beschäftigen heute bereits mehr Softwareentwickler als Energiehändler“, sagt der Chef.

Dieses Engagement trage inzwischen auch wirtschaftlich Früchte. Das Potsdamer Unternehmen Danpower will für den Betrieb eines Blockheizkraftwerks die Softwarevon LichtBlick nutzen. „Wir sehen hier in Zukunft ein wichtiges Geschäftsfeld. Der Schwarm-Dirigent weckt Interesse bei Firmen im In- und Ausland. Kürzlich war sogar eine Delegation aus Kalifornien bei uns“, so von Tschischwitz. Nachdem LichtBlick 2012 eine schwarze Null geschrieben hat, lag das Ergebnis 2013 in einem zweistelligen Millionenbereich. „Auch unseren Umsatz haben wir 2013 leicht auf 726 Millionen Euro steigern können“, sagt von Tschischwitz, der noch große Pläne hat. „Wir wollen Häuser zu intelligenten Kraftwerken machen.“