Baumarktkette will übernommene Häuser von Max Bahr und Praktiker schon Ende April wieder öffnen. 600 neue Jobs entstehen

Hamburg. Die letzten Überbleibsel von Max Bahr sind noch sichtbar an der Bramfelder Chaussee. An der Fassade ist ein Arbeiter gerade dabei, die letzten Reste des großen, blaugelben Schriftzugs zu entfernen, der über dem Eingang des Baumarkts thronte. Auf dem Parkplatz verspricht der „Navi-Max“ auf einem Plakat noch, dem Kunden bei der Suche nach einer Bohrmaschine oder einem Satz Schrauben zu helfen. Das Serviceangebot war eine der letzten Ideen der Max-Bahr-Chefs, um das insolvente Hamburger Traditionsunternehmen nach einer 135-jährigen Geschichte vor dem Untergang zu bewahren. Vorbei.

Im Inneren des Baumarkts hat längst eine neue Zeitrechnung begonnen. Maler streichen gerade die Decke, langsam weicht das Max Bahr-typische Gelb den rot-weißen Farben des neuen Eigentümers Bauhaus. Von der alten Einrichtung ist nichts mehr geblieben. Die Ware ist weg, selbst die Regale haben die Beschäftigten vor der Übergabe der Immobilie demontieren müssen.

„Das Haus wurde uns besenrein übergeben“, sagt der Norddeutschland-Chef von Bauhaus, Marcus Wegener, betont sachlich, während er durch die leere Halle läuft. Der Manager in Jeans und dunkelblauem Jackett hat seine Karriere selbst mal bei Max Bahr in Bremen begonnen, nun verwaltet er die Überreste. Sentimentalität oder Mitgefühl für den Ex-Wettbewerber darf man von ihm deshalb aber nicht erwarten. Max Bahr und Praktiker hätten zum Schluss eine massive Preisschlacht geführt, meint Wegener. „Das war für uns schon ein großes Ärgernis.“

Insgesamt fünf ehemalige Max-Bahr- und Praktiker-Filialen hat der zweitgrößte deutsche Baumarktbetreiber in Hamburg von dem ebenfalls pleite gegangenen Vermieter der Ketten übernommen. Dazu zählen neben dem Haus in Bramfeld noch die Max-Bahr-Zentrale an der Wandsbeker Zollstraße, ein Markt in Stellingen, ein weiterer in Langenhorn sowie eine Praktiker-Filiale am Rugenbarg in Osdorf.

Ende vergangenen Jahres war der Verkauf perfekt, Ende April sollen vier der fünf Märkte nun bereits wieder öffnen, Langenhorn folgt im Sommer. „Das ist ein ambitionierter Zeitplan und eine große logistische Herausforderung“, sagt Wegener, der jetzt mehrmals die Woche zwischen den einzelnen Baustellen pendelt. „Wir wollen aber auf jeden Fall noch so viel wie möglich vom wichtigen Frühjahrsgeschäft mitnehmen.“ Schon jetzt fahren an den geschlossen Häusern regelmäßig interessierte Kunden vor und wollen wissen, wann es denn endlich Pflanzen, Schaufeln oder Rasenmäher für den Garten zu kaufen gibt.

Für Bauhaus ist die Übernahme von bundesweit 24 Märkten der Konkurrenz ein gewaltiger Schritt nach vorn. In der Metropolregion Hamburg wird sich die Zahl der Standorte von derzeit vier auf neun mehr als verdoppeln. Darüber hinaus baut das Unternehmen in der Nähe der Automeile Nedderfeld noch einen Markt komplett um.

600 neue Arbeitsplätze sollen nach Angaben des Norddeutschland-Chefs auf diese Weise in der Hansestadt entstehen. Überwiegend würden diese Stellen mit ehemaligen Max Bahr- oder Praktiker-Mitarbeitern besetzt. „Alle Beschäftigten haben von uns ein Übernahmeangebot bekommen, bei dem wir auch die Betriebszugehörigkeit bei Max Bahr oder Praktiker anerkennen“, sagt Wegener. Viele hätten dieses Angebot angenommen und zum März neue Verträge erhalten.

Sie werden jetzt in Schnellkursen fit für den Einsatz bei Bauhaus gemacht, müssen sich in neue Kassen- und Lagersysteme einarbeiten und sich mit dem größeren Sortiment der Mannheimer vertraut machen, das bei rund 100.000 Artikeln liegt.

Bauhaus wird das Personal in den einzelnen Märkten deutlich aufstocken, in Bramfeld werden beispielsweise künftig mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt sein, während es bei Max Bahr zuletzt nur noch gut die Hälfte waren. „Daher suchen wir für unsere Häuser auch noch zusätzliches Personal“, sagt Wegener. Man wolle sich vor allem durch guten Service und Beratung von der Konkurrenz absetzen und nicht über den Preis.

Wie aufwendig die Renovierung der alten Max-Bahr-Filialen für die Eigentümer ist, wird an der Wandsbeker Zollstraße deutlich. Offenbar sind in der letzten Phase der Insolvenz nicht einmal mehr die nötigsten Instandhaltungsarbeiten vorgenommen worden. „Wir müssen hier eine komplett neue Beleuchtung einbauen, die Fluchttüren sind ebenso defekt wie auch eine Reihe von Fahrstühlen“, erzählt der zuständige Leiter des Umbauteams, während er durch das zweistöckige Haus führt.

800 Lkw-Ladungen sind notwendig, um einen neuen Markt mit Ware zu füllen

Wie die künftigen Bauhaus-Filialen aussehen werden, lässt sich in Ansätzen schon am Rugenbarg im dortigen ehemaligen Praktiker-Markt erkennen. Die orangefarbenen Regale des neuen Eigentümers stehen bereits, an jedem hängt ein Foto, das zeigt, welche Artikel an welcher Stelle einzusortieren sind. Handwerker schrauben in der künftigen Sanitärabteilung gerade die ersten Waschbecken an. Mehrere Paletten mit Laminat sind schon eingetroffen, im Gartencenter – bei Bauhaus Stadtgarten genannt – stapeln sich Säcke mit Dünger. Insgesamt werden rund 800 Lkw in den kommenden Wochen den Markt ansteuern, um ihn komplett zu bestücken.

Über einem der Regale ist ein großer Anker als Erkennungszeichen für die Nautikabteilung montiert. Im Gegensatz zu vielen Wettbewebern hat Bauhaus auch jede Menge Bootszubehör im Angebot – von Rettungswesten, über Lacke für den Rumpf und Navigationsgeräte bis hin zu Außenbordmotoren und kleinen Booten. Unwillkürlich kommt Experten da die Frage in den Sinn, warum nicht auch Max Bahr und Praktiker in einer wassersportbegeisterten Metropole wie Hamburg solche Produkte im Sortiment hatten.

Klar ist, dass der Hamburger Markt durch die Insolvenz des einstigen Platzhirschs Max Bahr nun neu aufgeteilt wir. „Wir sehen uns jetzt als Marktführer in der Hansestadt“, sagt Bauhaus-Nord-Chef Wegener.

Mittlerweile sind alle zwölf ehemaligen Max-Bahr-Häuser verkauft worden, die meisten werden als Baumärkte fortgeführt. Die Läden in Winterhude, Rahlstedt und Altona will der Hagebau-Gesellschafter Philipp Moeller nach einer Sanierung als Hagebau-Geschäfte wiedereröffnen. Die Max-Bahr-Filiale in Eilbek, die einer Projektentwicklungsgesellschaft von Moeller gehört, soll als Bürofläche genutzt werden.

Einen weiteren Markt in Neugraben-Fischbek hat sich der deutsche Marktführer Obi gesichert. Die Max-Bahr-Häuser in Heimfeld, Bergedorf und Osdorf hat XXXL gekauft, um sie zu Möbelhäusern umzubauen.