Bund konkretisiert Reformen. Statt an Reserven werden Kunden stärker an Risikogewinnen beteiligt

Hamburg. Die Bundesregierung will nicht nur die Lebensversicherungsgesellschaften entlasten, sondern auch ihre Kunden besserstellen. Künftig sollen sie stärker an den Risikogewinnen beteiligt werden, kündigte Finanzstaatssekretär Michael Meister am Dienstag an. Die Risikogewinne, die entstehen, wenn Versicherte früher sterben als von dem Unternehmen kalkuliert, sollen zu 90 Prozent den Versicherten zugute kommen. Bisher sind es nur 75 Prozent. Allein dadurch könnten rund 800 Millionen Euro zugunsten der Kunden umgeschichtet werden. Doch unterm Strich gibt es nicht mehr zu verteilen, weil die Versicherer unter niedrigen Zinsen leiden.

Gleichzeitig sollen die Versicherten beim Auslaufen ihres Vertrages nicht mehr wie bisher an den stillen Reserven beteiligt werden. Mit diesem Schritt sollen die Unternehmen entlastet werden, was zu starken Protesten der Verbraucherschützer führte. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte erst 2008 eine angemessene Beteiligung an diesen Reserven vorgegeben. Seitdem steht den Kunden die Hälfte der Bewertungsreserven zu. Sie entstehen, wenn etwa eine Anleihe aktuell zu einem höheren Kurs notiert als zum Erwerbszeitpunkt. In der Niedrigzinsphase sind hohe Bewertungsreserven entstanden, weil die Kurse alter, noch hoch verzinster Anleihen kräftig gestiegen sind. Lebensversicherungen investieren vorwiegend in Anleihen.

Versicherungsaufsicht soll stärker über die Einhaltung der Zusagen wachen

Geplant ist ebenfalls, den Unternehmen Dividendenausschüttungen zu untersagen, wenn sie ihre Garantiezusagen nicht mehr erfüllen können. Die Garantieverzinsung liegt je nach Abschlussjahr zwischen vier und 1,75 Prozent und gilt für die gesamte Laufzeit des Vertrages unabhängig von der Zinsentwicklung am Markt. Außerdem soll nach Meisters Worten die Versicherungsaufsicht gestärkt werden, die auf die langfristige Erfüllbarkeit von Zusagen achten soll. Außerdem drängt die Große Koalition auf eine Begrenzung der Vermittlungsprovisionen. Bei den umstrittenen Bewertungsreserven strebt Meister einen fairen Ausgleich zwischen Kunden und Versicherungen an. Auch hier werde das Prinzip gelten, dass die Erfüllung von Garantiezusagen Vorrang habe vor Zahlungen an ausscheidende Versicherungskunden.

„Es ist gut, wenn jetzt alle Gewinnbestandteile, aus denen Lebens- und Rentenversicherungen gespeist werden, in die Diskussion einbezogen werden“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, dem Abendblatt. „Nicht den Unternehmen geht es schlecht, sondern nur den Kunden.“ Künftig werde die Bedeutung von Risikogewinnen zunehmen, da erst seit zehn Jahren immer mehr Rentenversicherungen abgeschlossen werden. Auch die Kostenüberschüsse, an denen Kunden zu 50 Prozent beteiligt sind, müssten einbezogen werden.