Gesetzgeber plant bei Bewertungsreserven Verschlechterung für Verbraucher

Berlin/Hamburg. Versicherte müssen künftig womöglich auf bestimmte Gelder von ihrem Lebensversicherer verzichten. Die Bundesregierung plane ein umfassendes Gesetzespaket mit Änderungen, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. So soll die seit dem Jahr 2008 geltende Beteiligung der Kunden an den sogenannten Bewertungsreserven in der jetzt geltenden Form abgeschafft werden.

„Das ist ein Angriff auf die verfassungsgemäßen Rechte der Lebensversicherten“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, dem Abendblatt am Montag. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Kunden angemessen an den stillen Reserven beteiligt werden müssen. „Die Regelung kann man nicht einfach wieder handstreichartig zum Nachteil der Kunden kassieren“, sagt Kleinlein. Seit 2008 haben die Kunden bei Kündigung oder Vertragsauslauf Anspruch auf die Hälfte der stillen Reserven. Nach Kleinleins Angaben können das insgesamt 15 bis 20 Prozent der Ablaufleistung der Lebensversicherung sein. Verbrauchern rät der Verband, sich mit ihrer Versicherung in Verbindung zu setzen, um zu ermitteln, ob es sich lohne, noch vor einer Gesetzesänderung zu kündigen.

Im Finanzministerium wird bereits an einem Gesetzentwurf dazu gearbeitet. Ziel sei es, zu einem ausbalancierten Paket zu kommen, um langfristig die Lebensversicherungen zu stabilisieren, sagte eine Sprecherin. Dabei solle es nicht wie bei dem 2012 im Bundesrat gescheiterten Gesetzentwurf allein um die Bewertungsreserven gehen. Neben einer Neuregelung der Bewertungsreserven will die Regierung offenbar auch die Aufsicht über die Versicherer verschärfen, die höchstens erlaubte Garantieverzinsung senken und Obergrenzen für Provisionen einführen.

Bewertungsreserven sind Wertsteigerungen von Aktien oder Anleihen. Kauft eine Versicherung von den Kundenprämien beispielsweise eine Aktie für 100 Euro, bleibt ihr Buchwert in der Bilanz auch fünf Jahre später bei 100 Euro, auch wenn der Kurs auf 120 Euro gestiegen ist. Die 20 Euro Differenz zwischen Marktwert und Kaufwert ist die sogenannte Bewertungsreserve oder stille Reserve.

Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2008 müssen Versicherungen 50 Prozent der Bewertungsreserve an ihre Kunden auszahlen, deren Verträge auslaufen. Nach Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schütteten die Versicherer 2013 jeden Monat 300 Millionen Euro an Bewertungsreserven aus. Der Verband sieht vor allem ein Problem darin, dass auch festverzinste Anleihen in die Berechnung der Bewertungsreserve mit eingehen. Durch die zurzeit niedrigen Zinsen sind die Werte für vor Jahren gekaufte Staatsanleihen stark gestiegen, da diese für die gesamte Laufzeit höher verzinst sind als jetzt ausgegebene Staatsanleihen.