Kommission mahnt höhere Investitionen im Inland an. Ungleichgewichte gefährdeten die Stabilität. Wirtschaft weist Vorwürfe zurück

Brüssel. Die EU-Kommission rügt die enormen deutschen Exportüberschüsse. Um Schaden von der Euro-Zone abzuwenden, fordert die Brüsseler Behörde mehr Investitionen zur Stärkung der Binnennachfrage. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Führung von SPD-Chef Sigmar Gabriel räumte ein, dass „exzessive und dauerhafte Ungleichgewichte“ die Stabilität der Währungsunion gefährden. Wirtschaft und CDU/CSU äußerten dagegen wenig Verständnis für die Kritik aus Brüssel.

„In Deutschland gibt es regelmäßig einen Überschuss, der zwar auf eine extrem starke Wettbewerbsfähigkeit, aber zugleich auf geringe Investitionen im Inland hinweist“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Mittwoch bei der Vorlage der Analyse zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der Euro-Zone. Es gehe ihm nicht darum, Deutschland einseitig zu kritisieren. „Ich würde mir im Gegenteil wünschen, dass jedes Land so gut bei den Ausfuhren ist wie Deutschland“, sagte Rehn.

Angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft – sie ist Europas Nummer eins – sei aber ein Abbau der Ungleichgewichte notwendig. „Zentrale politische Herausforderungen sind daher höhere Investitionen“, schrieb die Brüsseler Behörde. Rehn mahnte dazu auch Reformen im Dienstleistungssektor sowie den Ausbau von Ganztagsschulen und Kindertagesstätten an. „Wenn man dort mehr macht, könnte man den Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt beträchtlich steigern, der unter dem EU-Durchschnitt liegt.“

Deutschland hat 2013 Waren im Wert von rund 199 Milliarden Euro mehr exportiert als importiert. Das ist nicht nur der bislang größte Exportüberschuss der deutschen Geschichte, sondern auch der größte weltweit. Die USA, aber auch der Internationale Währungsfonds zählen ihn zu den großen Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft, der für die Schuldenkrise in Europa mitverantwortlich ist. Denn Ländern mit hohen Exporten stehen andere mit Defiziten gegenüber, die Importe über Schulden finanzieren.