Hamburgs früherer SPD-Chef Ingo Egloff will Binnenverkehr ausbauen und bei Bund und EU für die Hansestadt werben

Hamburg. „Roter Filz“, „Vetternwirtschaft“ und „Partei-Gekungel“. Die Schlagworte, die den neuen Chef von Hafen Hamburg Marketing (HHM) bei seiner Amtseinführung vor einigen Wochen begleiteten, waren wenig schmeichelhaft. Doch Ingo Egloff, 57, hat ein dickes Fell. Das hat er sich im Laufe seiner politischen Karriere, die nicht ohne Rückschläge verlief, zugelegt. Also zuckt der ehemalige SPD-Politiker die Achseln, wenn er solche Vorwürfe hört: „Mir wurde von unabhängiger Seite bestätigt, dass ich die beste Bewerbung abgegeben hätte“, sagt er. „Ich muss niemandem mehr etwas beweisen.“

Kurz vor Weihnachten hatte der HHM-Aufsichtsrat Egloff überraschend zum Nachfolger von Claudia Roller und neuem Vorstand des Hafenmarketings erklärt. HHM ist ein Verein, dem etliche Hafenbetriebe angehören. Hauptfinanzier ist die Hamburg Port Authority (HPA). Der Verein ist im In- und Ausland der wichtigste Werbe- und Marketingträger des größten deutschen Seehafens. Und den Hafen kennt Egloff sehr gut. Seit seiner Wahl in die Hamburgische Bürgerschaft 2001 hat sich der Jurist mit der Wirtschaft in der Hansestadt und dem Hafen im besonderen befasst. Bis 2007 war er wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses. Schnell wurde er zum Hafenexperten und zu dessen Fürsprecher: Als viele Genossen noch zögerten, bekannte sich Egloff klar zur Elbvertiefung. 2011 zog er in den Bundestag ein, wurde Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und dort zum Sprecher für die maritime Wirtschaft ernannt. Hier erarbeitete er Grundsatzanträge zur maritimen Wirtschaft. Im September 2013 war im Bundestag Schluss, ein Nachwuchs-Politiker hatte ihm den Wahlkreis abgejagt. Egloff musste seinen Platz räumen.

Nicht zuletzt daher rührt das Gerücht, Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) habe bei der Besetzung des HHM-Vorstandspostens seine Finger im Spiel gehabt. Denn die Hamburger SPD hat Egloff einiges zu verdanken: In ihrer schwärzesten Stunde in der Nachkriegszeit, nachdem bei einer Abstimmung unter den Parteimitgliedern Stimmzettel gestohlen worden waren, stellte er sich als neuer Parteivorsitzender zur Verfügung. In seiner Amtszeit gelang es ihm nicht, die Schuldigen zu finden. Aber er brachte wieder Ruhe in die schwer erschütterte Partei. Dem linken SPD-Flügel war er immer ein Dorn im Auge. Die Schlappe bei der Bundestagswahl 2009 wurde auch ihm angelastet. Egloff gab sein Amt auf.

Heute sagt er: „Ich will politisch nichts mehr werden.“ Das macht er auch den ganzen Mitgliedsunternehmen deutlich, die er nun in seinem neuen Job nach und nach besuchen will. Bei knapp 300 HHM-Mitgliedern hat er eine Menge vor, zumal der verheiratete Familienvater derzeit noch ein anderes Projekt vorantreiben will: eine deutliche Steigerung der Gütertransporte aus dem Hamburger Hafen per Bahn und Binnenschiff in den Osten der Republik. „Wir regen uns immer nur über die lächerlichen 100.000 Container auf, die per Binnenschiff aus Hamburg abtransportiert werden, und vergessen, dass das gesamte Ladungsaufkommen Richtung Osten viel größer ist. Kohle, Getreide, Düngemittel – insgesamt werden jährlich zehn Millionen Tonnen aus dem Hamburger Hafen per Binnenschiff weggeschafft“, sagt Egloff. Die meisten Güter werden derzeit über den Elbeseitenkanal in die Mitte der Republik gefahren. Doch gerade für die Elbe und den Osten sei wesentlich mehr drin. „Sachsen ist im Osten Deutschlands das Bundesland mit dem höchsten Transportaufkommen aus unserem Hafen“, sagt er. Deshalb wolle er den Bund bei den Plänen für das Gesamtkonzept antreiben und die Regionalverwaltungen ebenso. „Die Elbanrainer sind komplett zerfleddert“, sagt Egloff.

Zudem habe der Hamburger Hafen gewachsene enge Beziehungen zu Osteuropa, der Wachstumsregion schlechthin. Das stärke die Hinterlandanbindung des Hamburger Hafens, im Gegensatz zu den Konkurrenten in Rotterdam und Antwerpen sowie deren Binnenhafen duisport in Duisburg. Diese haben über die Rheinschiene enge Verbindungen zu den Ländern Südwesteuropas, und denen macht die Euro-Krise noch immer zu schaffen. Da ist weniger Ladung gefragt.

Egloff und sein Vorstandskollege, Axel Mattern, bilden künftig eine Doppelspitze bei HHM. Sie haben sich die Arbeit aufgeteilt: Während Mattern wie bisher bei den großen maritimen Firmen im fernen Ausland für den Hamburger Hafen wirbt, wird sich Egloff verstärkt um deutsche Partner sowie das politische Lobbying beim Bund sowie bei der EU in Brüssel kümmern. Zumindest für Ersteres ist er durch seine Zeit in Berlin bestens präpariert. „Wir sind als Hafen Marketing keine Folkloreveranstaltung, sondern vertreten den größten deutschen Exporthafen, der nationale Aufgaben erfüllt.“ Sätze wie diesen schüttelt Egloff aus dem Ärmel und kann damit auch bei bayerischen Kollegen punkten.

Dabei kann er darauf bauen, dass in Berlin das Verständnis für die maritime Industrie langsam wächst: „Der Skandal mit den Pannen beim Nord-Ostsee-Kanal hat manchem die Augen geöffnet“, sagt Egloff mit Blick auf den längeren Ausfall des Schleusenbetriebs wegen des Sanierungsstaus. Bei der Bundesregierung dürfte Egloff mit Hafenproblemen schneller Gehör finden als seine Vorgängerin: Egloff hat nämlich einen kurzen Draht zum maritimen Koordinator der Bundesregierung, Uwe Beckmeyer. Zusammen mit diesem hat Egloff in seiner Berliner Zeit die Bundestagsarbeitsgruppe Schifffahrt, Schiffsfinanzierung, Werften und Offshore geleitet.