PRG ist Marktführer für Veranstaltungstechnik und aktiv bei Olympia, dem Eurovision Song Contest und der Fußball-WM

Hamburg. Hunderte Millionen Menschen werden am Sonntag die Leistung von Hamburger Technikern begutachten. Wenn am Abend die Abschlusszeremonie der Olympischen Winterspiele in Sotschi über die Fernseher rund um den Globus flimmert, leuchten Scheinwerfer der Production Resource Group (PRG) Sportler, Stars und sonstige Prominenz im Stadion aus. Die Billbrooker Firma verantwortet das Showlicht des Schlussfestes. Rund 30 Sattelschlepper haben nach Abendblatt-Informationen 2500 Lampen, ein paar Hundert Tonnen Kabel und Computertechnik in die russische Stadt am Schwarzen Meer gebracht. Für 30 Mitarbeiter ist 110 Tage lang die Olympiastadt der Arbeitsort, viele von ihnen arbeiten sonst am Firmensitz an der Bredowstraße. Für ihre Dienstleistungen in Sotschi dürfte das Unternehmen mehrere Millionen Euro kassieren.

Offiziell will PRG die Abendblatt-Informationen nicht bestätigen. Denn bei Statements drohen im durch und durch kommerzialisierten Geschäft mit Sportgroßereignissen aus Lizenzgründen Strafzahlungen. Erst im Nachhinein dürfe mit den Veranstaltungen geworben werden. Wer in diesen Tagen allerdings mit wachen Augen durch Sotschi läuft, kann den Beitrag der Hamburger Wirtschaft in den Sportstätten sehen. PRG steht auf Scheinwerfern, Kabeln, Kameras, Mischpulten und Transportboxen. Vorstand Carsten Zwerg sagt zum Thema lediglich: „Seit dem Jahr 2000 leuchten die Olympischen Spiele dank unserer Technik.“ Und Marketingdirektor Morten Carlsson ergänzt: „Mit dem Auftrag für Sydney im Jahr 2000 waren wir im Kreis der Großereignisse drin.“ Denn den Zuschlag bekomme man heute nur, wenn man Referenzen aus der Vergangenheit vorweist. An Arbeitsproben mangelt es der Firma nicht mehr, die Mitte der 1980er-Jahre aus der Idee zweier Flensburger Gymnasiasten entstand.

Carlsson und ein Mitschüler waren beim Musikfestival in Jübek. „Eine Band hatte computergesteuerte Scheinwerfer dabei. So etwas gab es in Deutschland noch nicht – die wollten wir auch haben“, erinnert sich der heute 48-Jährige. Sie flogen zum Vertreiber nach England. Der Preis von rund 1,5 Millionen D-Mark war zunächst eine unüberwindbare Hürde. Doch sie ließen nicht locker, stellten eine Finanzierung auf, bekamen das Geld und gründeten mit einem Lieferanten 1988 an der Brauhausstraße in Wandsbek die Procon Multimedia AG, die mit dem angeschlagenen Windkraftfinanzierer Prokon aus Itzehoe im Übrigen nichts zu tun hat. „Die privaten Fernsehsender wollten damals Shows produzieren und hatten einen großen Bedarf an Technik“, sagt Carlsson. Sein Unternehmen lieferte sie. „Wir haben zu dritt angefangen, Licht für das Fernsehen zu stellen. Über das Fernsehen sind wir dann in andere Bereiche reingerutscht.“

Bei einem der Auftritte lernten sie die Band Kool and the Gang kennen – und wurden für die Tournee engagiert. Deutsche Pop-Größen wie Marius Müller-Westernhagen und Peter Maffay folgten. Für die Firma seien diese Aufträge wichtig gewesen, denn technische Innovationen würden zuerst im Tourneegeschäft eingesetzt. Ein Meilenstein war der Zuschlag für die Expo 2000 in Hannover, der einen zweistelligen Millionenbetrag in die Kassen spülte. Vor gut zehn Jahren stiegen sie in den russischen Markt ein, sorgten in Moskau für das Showlicht beim Eurovision Song Contest und anderen Festivals, arbeiteten sogar schon im Präsidentensitz Kreml. Seit 2006 stammen Bühne, Licht und Ton für das Public Viewing auf dem Heiligengeistfeld während der Fußball-Welt- und Europameisterschaften von den Hamburgern.

Vor fünf Jahren hat das damals börsennotierte Unternehmen allerdings seine Eigenständigkeit verloren. „Wir haben gute und schlechte Jahre gehabt“, sagt Carlsson. Gewinn und Verlust hätten sich abgewechselt. Dann kam das Übernahmeangebot von dem US-Konzern. „PRG war Weltmarktführer, wir mit Procon die Nummer zwei. Ein Zusammenschluss war sinnvoll“, sagt Carlsson. Das sah auch der Brillenkönig Günther Fielmann so, der bis dahin als Großaktionär wichtiger Ratgeber und Financier für das Unternehmen war und im Zuge der Fusion ausstieg. Die internationalen Aufträge werden vor allem von der Elbe aus gesteuert. Der Grund liegt im Stromsystem. Weil in den USA nur 120 Volt statt der in Europa üblichen 230 Volt verwendet werden, müssten die Kabel für den Datentransport doppelt so dick sein.

Im Zuge der Fusion wurden die Jobs von rund 30 Mitarbeitern in Lager und Buchhaltung gestrichen. Heute ist von den 2000 PRG-Mitarbeitern jeder zehnte in Deutschland tätig, 120 davon in Hamburg. Ihr Einsatzort liegt vor allem in der 15.000 Quadratmeter großen Lagerhalle. 30 Logistiker kümmern sich um die Sortierung der Waren. 50 Techniker warten und reparieren in der Werkstatt die 1,5 Millionen Einzelstücke im Wert von 120 Millionen Euro. „Jede Lampe wird nach dem Einsatz komplett durchgecheckt“, sagt Carlsson. In der Halle lagert nur etwa ein Fünftel des Materials. Zwerg: „Die Technik muss unterwegs oder vor Ort im Einsatz sein, um Geld zu verdienen.“

Der Veranstaltungsmarkt gilt als zersplittert. Auf rund 1,2 Milliarden Euro wird das Volumen in Deutschland geschätzt, selbst Schwergewicht PRG hat bei einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro nur einen geringen Marktanteil. „Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise haben wir jedes Jahr bei den Erlösen moderat zugelegt“, sagt Zwerg, ein studierter Wirtschaftsingenieur. Heute kommt jeder vierte Euro noch aus dem TV-Geschäft. Beispielsweise laufen bei „Deutschland sucht den Superstar“ die Projektionen im Hintergrund über Technik von PRG.

Die Hälfte der Erlöse kommt aus Firmenveranstaltungen. Bei Messeauftritten, Firmenfeiern, Jubiläen und Mitarbeiterschulungen greifen Deutschlands Konzerne wie VW, Telekom und SAP auf die Billbrooker zurück. „Unternehmensveranstaltungen sind für uns das wichtigste Standbein“, sagt Zwerg.

Der Rest der Einnahmen kommt aus Aufträgen für Theater und Musicals, Veranstaltungen wie das Schleswig-Holstein Musikfestival und Wacken Open Air – und den prestigeträchtigen Großereignissen. „Beim Eurovision Song Contest waren wir fünfmal Generalunternehmer“, sagt Carlsson. Bei der Fußball-WM vor vier Jahren in Südafrika sorgte PRG für die Beleuchtung in Interviewzonen und bei Pressekonferenzen, rüsteten VIP-Zelte mit Licht und Ton aus. Ob demnächst Technik nach Südamerika verschifft wird, ist noch offen. Zwerg: „Wir rechnen uns Chancen aus, bei der WM im Sommer in Brasilien und bei Olympia 2016 in Rio dabei zu sein. Die Verhandlungen gehen jetzt in die heiße Phase.“ Ein offizielles Statement wird es dann nicht geben – da ist der Weltfußballverband ähnlich streng wie das Internationale Olympische Komitee.