Der Chefvolkswirt der Commerzbank Jörg Krämer sagt aber bis Ende 2014 positive Entwicklungen an der Börse voraus und sieht die Wirtschaft in Hamburg und der Metropolregion gut aufgestellt.

Hamburg. Der Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht gute Perspektiven für die Wirtschaft in der Metropolregion Hamburg. Nach seiner Einschätzung wird die Weltwirtschaft in diesem Jahr wegen des höheren Wachstums in den USA und wegen des Endes der Rezession in Europa um 3,5 Prozent zulegen, verglichen mit einem Plus von 2,8 Prozent im vorigen Jahr. „Damit verbessern sich die Aussichten für den Welthandel“, so Krämer. Vor diesem Hintergrund habe die stark vom Außenhandel abhängige Hansestadt besonders gute Voraussetzungen, konjunkturell besser abzuschneiden als Deutschland insgesamt.

Für die Bundesrepublik prognostizieren die Commerzbank-Analysten ein Wachstum von 1,7 Prozent, nachdem 2013 nur ein Plus von 0,4 Prozent erreicht wurde. Dieser Aufschwung werde in der zweiten Jahreshälfte die Arbeitslosenquote noch leicht weiter drücken. „Die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze hat aber schon jetzt Rekordstände erreicht“, sagt Krämer. Dabei sei nicht zuletzt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für das Wachstum in Deutschland maßgeblich.

Obwohl die Notenbank am Donnerstag den Leitzins bei 0,25 Prozent konstant hielt, erwartet der Commerzbank-Chefvolkswirt eine weitere Absenkung. Auf Druck hoch verschuldeter Länder treibe die EZB die Anleger dazu, vermehrt auch Staatsanleihen mit höherem Risiko – etwa italienische – zu kaufen.

„Es gibt im EZB-Rat wenig Skrupel, die Bundesbank zu überstimmen“, so Krämer. Er erwartet sogar einen negativen Einlagenzins für die Banken bei der EZB. In Dänemark hat man mit Negativzinsen der Zentralbank bereits Erfahrungen. Dort berechnen die Geschäftsbanken den Kunden zwar keine Strafzinsen auf deren Einlagen, geben die höheren Kosten aber in der Form leicht erhöhter Kreditzinsen weiter.

Schon auf dem aktuellen Niveau seien die Zinsen für Deutschland aber viel zu niedrig, sagt Krämer: „Der ökonomischen Lage angemessen wären eher 3,0 bis 3,5 Prozent.“ Das Niedrigzinsnivau hat dazu geführt, dass die Immobilienpreise in begehrten Lagen Hamburgs in den vergangenen drei Jahren stark zugelegt haben. Allerdings seien die Preise in den deutschen Großstädten noch niedriger als in anderen europäischen Metropolen, erklärt der Commerzbank-Experte.

Von einer Überhitzung auf dem Markt für Häuser und Wohnungen könne noch keine Rede sein: „Seit dem Jahr 2000 sind die verfügbaren Einkommen in Deutschland um 30 Prozent gestiegen, während sich Immobilien landesweit nur um zwölf Prozent verteuert haben.“ Erst in den Jahren 2012 und 2013 hätten sich die Immobilienpreise stärker erhöht als die Einkommen.

In Großstädten wie Hamburg stelle sich allerdings die Frage, ob die Inflation mit den bisher üblichen Maßstäben sinnvoll gemessen werden könne, wenn dort der starke Anstieg der Ausgaben für das Wohnen die Kaufkraft deutlich schmälere.

Für Krämer steht fest, dass die Zinsen noch lange niedrig bleiben: „Das ist ein Phänomen, das uns viele Jahre begleiten wird.“ Für die Anleger gebe es dabei „keinen problemlosen Ausweg aus der Nullzinsfalle.“ Die Investoren würden durch die Notenbanken praktisch dazu gezwungen, höhere Risiken zu akzeptieren. Dies kommt nach Einschätzung der Commerzbank-Analysten dem Aktienmarkt auf längere Sicht weiter zugute. Aktuell jedoch haben unter anderem Währungsturbulenzen in Schwellenländern die Kurse unter Druck gebracht; der Deutsche Aktienindex (DAX) ist seit Mitte Januar um rund 600 Punkte auf zeitweise unter 9100 Zähler abgerutscht. Damit dürfte die Korrektur noch nicht beendet sein, meint Krämer: „Der DAX könnte weiter bis auf 8800 Punkte fallen.“

Im zweiten Halbjahr werden sich nach seiner Einschätzung die positiven Einflussfaktoren aber wieder durchsetzen, so dass der Leitindex in Richtung auf die von der Commerzbank für das Jahresende prognostizierten 10.200 Punkte klettern könne.